Białowieża: Rechtsstreit könnte für Polen teuer werden

15. Sept 17

Der Rechtsstreit zwischen Polen und der EU-Kommission um Rodungen im Białowieża-Nationalpark geht in eine weitere Runde: Die polnische Regierung hatte wegen des Streits mit der EU-Kommission um die Abholzungen in einem der letzten Urwälder Europas eine Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gefordert. Am Montag fand diese statt. Polens Umweltminister Jan Szyszko war persönlich anwesend und verteidigte die Position seiner Regierung.

Laut einem Bericht der Online-Zeitung Politico über die Anhörung pochte der polnische Umweltminister darauf, dass der Białowieża-Nationalpark gerade deshalb in einem solch bemerkenswerten und schützenswerten Zustand sei, weil man in Polen sein Handwerk verstehe und man keine Lektionen der EU-Kommission benötige.

UmweltaktivistInnen, welche gegen die Rodungen protestieren, werden von RegierungsanhängerInnen als "Öko-Terroristen" bezeichnet. Zudem behauptet die polnische Regierung, die Abholzungen dienten dem Schutz des Waldes vor Schädlingsbefall. Die EU-Kommission legte ihrerseits Satellitenfotos vor, die zeigten, dass im Urwald trotz der höchstrichterlich erlassenen einstweiligen Anordnung die Abholzungen weitergingen.

Ende Juli hatte die EU-Kommission als letzten Schritt im bereits 2016 gestarteten Vertragsverletzungsverfahren Klage vor dem EuGH erhoben und außerdem die RichterInnen erfolgreich aufgefordert, eine einstweilige Anordnung zu erlassen, damit Polen die Abholzungsmaßnahmen stoppt, bis ein Urteil ergangen ist. Trotz der Anordnung vom 27. Juli, der anhängigen Klage und zahlreichen Protestaktionen vor Ort, erfolgte kein Abholzungsstopp.

Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth übt daran heftige Kritik. Sprecherin Agata Szafraniuk sagte, Umweltmininister Szyszko ignoriere offen eine höchstrichterliche Interimsmaßnahme. "Eine solche Missachtung einer direkten Anordnung ist in der Geschichte der EU noch nie passiert", so Szafraniuk. Die EU-Kommission hat nun bis Ende der Woche Zeit, um einen förmlichen Antrag an den EuGH zu stellen, sodass Polen Geldstrafen auferlegt werden. Die polnische Regierung lässt dreimal mehr Holzeinschlag im UNESCO-Weltnaturerbe- und Natura-2000-Gebiet zu als ursprünglich geplant.

Vor dem Hintergrund der umstrittenen Justizreform in Polen, gegen welche die EU-Kommission ebenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren angestrengt hat, scheint es um weit mehr zu gehen als nur um Borkenkäfer und Jahrhunderte alte Eichen. Polens Verhältnis zur EU und zum EU-Recht steht auf dem Prüfstand.

 

DNR: Bruch des EU-Rechts und Abholzung im Białowieża-Nationalpark könnten teuer werden

Politico: EU and Poland go head-to-head over logging in ancient forest