EU-Mitgliedstaaten und Kommission verlängern Glyphosat-Zulassung

30. Nov 17

Das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat wird für weitere fünf Jahre in der EU zugelassen. Entgegen der Forderung des Europäischen Parlaments und von mehr als einer Million BürgerInnen, die in einer Petition ein Auslaufen der Zulassung am 15. Dezember forderten, einigten sich die EU-Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission die Verwendung von Glyphosat für die nächsten fünf Jahre zu erlauben.

In der Abstimmung am Montag stimmten 18 Länder für und neun Länder gegen eine weitere Zulassung. Ein Land enthielt sich. Trotzdem war es eine knappe Entscheidung, denn die 18 Staaten repräsentieren 65,71% der notwendigen 65% der Bevölkerung der EU. Ausschlaggebend war die Stimme von CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt  aus Deutschland, der sich seiner Weisung für eine Enthaltung widersetzte. Das vom Koalitionspartner SPD-geführte Umweltministerium ist gegen die Verwendung von Glyphosat.

Für Millionen BürgerInnen und zahlreiche Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen ist der Montag ein schwarzer Tag im jahrelangen Kampf um eine umweltfreundliche Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel. Da die Entscheidung jedoch nur die Zulassung und nicht die Verwendung des Pflanzenschutzmittels betrifft, starten nun nationale Debatten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigt einen Ausstieg aus Glyphosat in den nächsten drei Jahren an. Greenpeace fordert dies auch für Österreich: „Wenn der Agrar-Riese Frankreich das schafft, dann kann niemand behaupten, dass das in Österreich nicht auch möglich wäre“, sagt Greenpeace-Landwirtschaftssprecher Sebastian Theissing-Matei. Er fordert ein sofortiges Verbot des Pflanzengifts für Privatgärten und öffentliche Flächen und ein komplettes Aus ab 2020. Die österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES) startet nun einen Dialog über nationale Einschränkungen von Glyphosat.

Einen ersten Vorstoß in Richtung Glyphosat-Verbot erwägt die Oberkärntner Molkerei „Kärntner Milch“. Sie möchte nächste Woche entscheiden, ob sie den 1.250 sie beliefernden MilchbäuerInnen, den Einsatz untersagt. Auch die ÖBB, verantwortlich für 2,8% des Gesamtverbrauchs von Glyphosat in Österreich, überlegt einen Glyphosat-Ausstieg.

 

Derweil hat das Bundesland Kärnten eine Probleme, die erste Region in der Europäischen Union mit einem Glyphosat-Verbot zu sein, umzusetzen. Zunächst hatten sich alle Mitglieder der Landesregierung klar gegen das Unkrautvernichtungsmittel ausgesprochen. Der Kärntner Landtag wollte mit einer Änderung des Pflanzenschutzgesetzes ein Verwendungsverbot für drei Jahre umsetzen. Zentraler Ansatzpunkt ist laut Landeshauptmann Peter Kaiser SPÖ) der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt nach Paragraph eins Absatz eins. Durch die widersprüchlichen Ergebnisse der gesundheitsbezogenen Studien über Glyphosat ist das EU-Vorsorgeprinzip anzuwenden. Demnach muss vor der Zulassung durch Studien und wissenschaftliche Untersuchungen zweifelsfrei geklärt werden, dass Glyphosat nicht krebserregend sei.

Landesrat Christian Banger (ÖVP) sagte, es sei notwendig, dass man den Weg, Glyphosat nicht mehr einzusetzen, auf rechtliche Beine stelle. Die große Hürde sei aber das EU-Recht, das über allem stehe und die EU den Einsatz von Glyphosat für weitere fünf Jahre genehmigte. Die Juristen des Landes sagten, eine Verordnung könne nicht eingebracht werden und somit ein generelles Verbot unmöglich sein. Daher suchte man nach anderen Auswegen. Der Weg könnte über den Schutz der Menschen oder den Schutz des Bodens oder darüber führen, dass Glyphosat nur in bestimmten Gebieten erlaubt werde. Man müsse hier wie beim Gentechnikvorsorgegesetz vorgehen, so Benger. Trotz Erlaubnis durch die EU habe man per Gesetz den Einsatz gentechnisch veränderten Saatguts unterbunden. Das angestrebte temporäre Verwendungsverbot beziehe sich EU-rechtlich auf das sogenannte Vorsorgeprinzip. Diesem entsprechend müssten für eine Zulassung Studien und wissenschaftliche Untersuchungen zweifelsfrei feststellen, dass Glyphosat nicht krebserregend ist. Auf jeden Fall sei der freiwillige Verzicht der einfachste Weg, hieß es.

Nächste Woche wird im Nationalrat der Antrag von Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) zu einem sofortigen Verbot von Glyphosat in Österreich behandelt. Der entsprechende Gesetzestext sei bereits an Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) übermittelt.

Glyphosat ist etwa im Unkrautvernichtungsmittel Round up enthalten. Die Straßenbauabteilung des Landes will darauf freiwillig verzichten, so Landesrat Gerhard Köfer (Team Kärnten). Die Berglandmilch will künftig nur noch glyphosatfreie Milch verwenden, die Kärntner Milch überlegt noch ein Verbot für ihre Lieferanten.

 

ORF: Kärnten sucht Schlupfloch für Glyphosatverbot

Pressemitteilung Greenpeace: Nationales Glyphosat-Verbot verstößt nicht gegen EU-Recht

Europäische Kommission: Hintergrund: Fragen und Antworten zu einer möglichen Erneuerung der Zulassung von Glyphosat

Euraktiv: Deutsche Position entscheidend: Glyphosat wird für weitere fünf Jahre zugelassen

ORF: Mehrheit für Verlängerung

taz: Brüssel hat keine Zeit für Emotionen

ORF: Kärntner Milch überlegt Glyphosat-Verbot