Neue EU-Studie: Europa zentraler Akteur beim globalen Land Grabbing

Auf Anfrage des Europaparlaments hat das niederländische Institute for Social Studies (ISS) zusammen mit der Menschenrechtsorganisation FIAN eine umfassende Bestandsaufnahme zur Beteiligung europäischer Firmen und Finanzakteure beim globalen Land Grabbing vorgelegt. Das Ergebnis der Studie: Die Rolle Europas bei Landnahmen und Menschenrechtsverletzungen wird weit unterschätzt. Das berichtet FIAN, FIAN eine internationale Menschenrechtsorganisation für das Recht auf Nahrung.

„Europäische Firmen und Finanzinvestoren nutzen viele unterschiedliche Wege, um Land Grabbing zu betreiben“, so Mitautor Roman Herre von der Menschenrechtsorganisation FIAN. „Wir haben Fälle gefunden, bei denen mehr als zehn europäische Akteure beteiligt sind.“

Angesichts der undurchdringbaren Finanzierungs- und Beteiligungsstrukturen sind vollständige Daten zur Beteiligung europäischer Akteure jedoch nicht zu ermitteln. „Wir gehen davon aus, dass die in der Studie ermittelten 5,8 Millionen Hektar Land, die sich europäische Akteure in 323 Fällen außerhalb Europas angeeignet haben, nur die Spitze des Eisberges sind“, so Herre weiter. Besonders schwer wiegt aus Sicht der AutorInnen, dass in vielen Fällen staatlich mandatierte Akteure beteiligt sind, darunter staatliche Pensionsfonds oder Entwicklungsbanken.

Als ein Beispiel für Land Grabbing wird in der Studie das Bioethanolprojekt des Schweizer Unternehmens Addax in Sierra Leone herangezogen. Zahlreiche europäische Entwicklungsbanken (darunter auch die Österreichische Entwicklungsbank) haben dieses Projekt mit Krediten oder Zuschüssen unterstützt. „Die Ernährungslage hat sich für die Projektbetroffenen in den letzten Monaten nochmals zugespitzt. Das Projekt wird an einen neuen Investor verkauft. Fast alle Arbeiter wurden bereits entlassen. Niemand kann genau abschätzen, was nun mit dem Land passieren wird“, so Brigitte Reisenberger von FIAN Österreich, die im Mai das Projekt in Sierra Leone besuchte. „Wenngleich die europäischen Entwicklungsbanken nun auf Distanz zum einstigen Vorzeigeprojekt gehen, können sie ihre Mitverantwortung für die Menschenrechtssituation vor Ort nicht einfach abstreifen, zu diesem Schluss kommt auch die Studie des Europaparlaments“, so Reisenberger weiter.

Da Selbstkontrollen und CSR-Aktivitäten der Privatwirtschaft keinen angemessenen Schutz vor Menschenrechtsverletzungen darstellen, fordern die AutorInnen rechtliche Regeln. Die Studie verweist auf eine Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten der EU und der Mitgliedstaaten, die bis dato nicht genutzt oder gar torpediert werden, wie Verhandlungen im Menschenrechtsrat zur Stärkung des internationalen Schutzes bei Menschenrechtsverstößen von Konzernen.

 

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