Verschärfung der EU-Grenzwerte für Luftverschmutzung gefährdet

1. März 18

LobbyistInnen der Kohleindustrie und die deutschen EigentümerInnen der schmutzigsten Kohlekraftwerke und Tagebaue Europas haben Ende vergangenen Jahres Klage gegen die Entscheidung der Europäischen Kommission eingereicht, die Grenzwerte für gesundheitsgefährdende Luftschadstoffe zu verschärfen. Umweltverbände, einschließlich des Europäischen Umweltbüros (EEB), haben sich nun dazu entschieden, vor Gericht zu intervenieren und die neuen EU-Regeln zu verteidigen.

Die Kläger, unter ihnen auch die deutsche Braunkohleindustrie, beantragen mit ihrer Klage die Nichtigerklärung eines Beschlusses der Kommission aus dem Jahr 2017, welcher die Grenzwerte für Stickoxid- und Quecksilberemissionen aus europäischen Braunkohlekraftwerken verschärft. Die Verschmutzungen durch die europäischen Kohlekraftwerke führen jährlich zu etwa 20.000 vorzeitigen Todesfällen, 458.000 Asthma-Anfällen bei Kindern und Kosten von mehr als 50 Milliarden Euro für das Gesundheitssystem. Trotzdem wird von der Kohleindustrie behauptet, dass die neuen Maßnahmen die „Anlagenbetreiber in unverhältnismäßiger Weise belasten“.

Jeremy Wates, Generalsekretär der Europäischen Umweltbüros, dazu: „Luftverschmutzung durch Verbrennung von Kohle kennt keine Grenzen. Die Emissionen eines Landes sind ein riesiges Problem für die Menschen und die Umwelt in ganz Europa. Es ist grundlegend notwendig und unausweichlich, dass Europa sich von der Kohle verabschiedet und je früher wir dies tun, desto besser für unsere Gesundheit, unser Klima und unsere Umwelt. Die letztes Jahr eingeführten, verschärften Grenzwerte sind ein moderater Schritt in die richtige Richtung und verlangen nur, dass die Kraftwerksbetreiber die Verschmutzung durch bereits langjährig erprobte und getestete Technologien weiter reduzieren. Der Widerstand der Industrie ist ein verzweifelter Versuch, sich ihre Lizenz zum Verschmutzen der Umwelt für die nächsten Jahrzehnte zu sichern. Wir haben uns daher um eine Beteiligung vor Gericht beworben, damit das nicht gelingen wird.”

Die Verschärfung der EU-Richtlinien wurde nach der notwendigen Zustimmung der Mitgliedstaaten im April letzten Jahres offiziell durch die Kommission beschlossen. Damals wurden sie als wichtiger Erfolg für sauberere Luft begrüßt, der gleichzeitig das Ende von Europas schmutzigsten Kraftwerken beschleunigen könnte.

Da die neuen Emissionsstandards etwa 2900 große Verbrennungsanlagen für verschiedenste Brennstoffe betreffen, gefährdet dieser juristische Streitfall der Kohleindustrie auch alle anderen notwendigen Anpassungen der Umweltstandards für eine ganze Reihe weiterer Industrien.

Luftverschmutzung stand zuletzt zunehmend im Fokus der politischen Aufmerksamkeit, nachdem der Europäische Gerichtshof Polen verurteilte, weil es nicht schnell genug handelte, um die Konzentration von gesundheitsgefährdenden Luftschadstoffen zu reduzieren. Derzeit droht die Kommission neun weitere europäische Länder zu verklagen, die allesamt auch Kohle verbrennen.

Gesetzliche Grenzwerte zur Luftverschmutzung werden momentan von 130 Städten in 23 der 28 EU-Mitgliedstaaten nicht eingehalten. Gerichtsverfahren in Deutschland und Großbritannien beschäftigen sich mit den Maßnahmen, welche Regierungen zur Verfügung stehen, um das Problem anzugehen. Während die Verstöße in den Innenstädten meistens mit alten Dieselfahrzeugen und privaten Öfen in Verbindung stehen, sind die großen Kohlekraftwerke für eine Grundbelastung der Luft in ganz Europa verantwortlich.

Die Umweltorganisation ClientEarth hat ebenfalls einen Antrag auf Verfahrensbeteiligung eingereicht.

 

EEB: Umweltverbände gehen vor Gericht, um neue EU-Grenzwerte gegen die deutsche Kohlelobby zu verteidigen