Die EU-Ratspräsidentschaft


Der Vorsitz im Rat der Europäischen Union rotiert zwischen den 27 Mitgliedsstaaten der EU. Ein Wechsel findet alle sechs Monate, nach einer festgelegten Reihenfolge, statt. Da der Rat der Europäischen Union in verschiedenen Zusammensetzungen tagt (etwa als Wirtschaftsministerrat, Umweltministerrat etc.), übernimmt in jeder dieser Zusammensetzungen der/die jeweilige Fachminister:in des jeweiligen Vorsitzlandes den Vorsitz.

Die Aufgaben des Ratsvorsitzes sind die Tagungen des Rates zu organisieren und zu leiten, bei Interessenskonflikten zwischen Mitgliedstaaten oder zwischen dem Rat und anderen Unionsinstitutionen Kompromissvorschläge in Abstimmung mit den betroffenen Parteien zu erarbeiten und den Rat gegenüber anderen Institutionen und Organen der Union, sowie gegenüber anderen internationalen Organisationen und Drittstaaten zu repräsentieren. Er wird nicht gesetzgeberisch tätig, da dies ausschließlicher Kompetenzbereich der EU-Kommission ist.

Da eine Periode von sechs Monaten oft unzureichend ist, um Kontinuität und Durchsetzung längerfristiger Ziele zu erreichen, schließen sich seit 2009 jeweils drei aufeinanderfolgende Ratspräsidentschaften zu einer Trio-Präsidentschaft zusammen. 

Der aktuelle Dreiervorsitz im Rat der Europäischen Union besteht aus dem polnischen, dem dänischen und dem zyprischen Vorsitz.

Die polnische EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Januar 2025 begonnen hat, stellt die umfassende Stärkung der Sicherheit der Europäischen Union in den Mittelpunkt. Polen definiert sieben vorrangige Bereiche – von äußerer über wirtschaftliche bis hin zu Energie- und Gesundheitssicherheit – und betont deren wirtschaftliche Relevanz für europäische Unternehmen. In einem geopolitisch und wirtschaftlich schwierigen Umfeld versteht Polen den Ratsvorsitz als Chance, neue Impulse für Wachstum, Zusammenarbeit und Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu setzen.

Ein zentraler Fokus liegt auf der Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der EU, der Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen und der Verringerung von Abhängigkeiten. Die Erweiterung der EU – insbesondere in Bezug auf die Ukraine und die westlichen Balkanstaaten – soll außenpolitische Stabilität fördern. Innenpolitisch rücken Migrationssteuerung, Katastrophenschutz und eine sichere Rohstoffversorgung in den Vordergrund. Diese Ziele sollen gleichzeitig wirtschaftliche und soziale Herausforderungen, wie den demografischen Wandel, adressieren.

Wirtschaftlich strebt Polen eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit durch Bürokratieabbau, stabile Rahmenbedingungen und Investitionen in Digitalisierung und Energiewende an. Ziel ist eine resiliente Industrie, die Zugang zu bezahlbarer, erneuerbarer Energie hat. Auch der Green Deal und seine Umsetzung sollen kritisch überprüft werden, um energieintensive Branchen zu entlasten. Digitale Themen wie Cybersicherheit und Künstliche Intelligenz werden ebenfalls als Schlüsselbereiche hervorgehoben, die einen gemeinsamen europäischen Markt erfordern.

Der Ratsvorsitz fällt mit dem Start eines neuen institutionellen Zyklus der EU zusammen – inklusive der Debatte um den kommenden Finanzrahmen ab 2028. Polen will hier seine Erfahrungen mit einer dezentralen Mittelverwendung einbringen und für eine stärkere Förderung von Regionen, KMUs und industrieller Unabhängigkeit eintreten. Damit positioniert sich Polen als aktiver Impulsgeber für eine strategisch ausgerichtete, solidarische und zukunftsfähige EU-Politik.

Die EU-Ratspräsidentschaft ist nicht zu verwechseln mit dem EU-Ratspräsidenten (Präsident des Europäischen Rates, der die Sitzungen des Europäischen Rates, das Gremium der Staats- und Regierungschefs der EU, leitet. Seit Dezember 2024 ist der Portugiese António Costa Präsident des Europäischen Rates.