2022: Weichenstellungen im internationalen Jahr der Kleinfischerei und Aquakultur

Das Jahr 2022 wurdde von der UN zum Internationalen Jahr der Kleinfischerei und Aquakultur erklärt. Der Ausgleich von Verlusten und Schäden im Kontext der Klimaverhandlungen und Initiativen zum Schutz der Rolle der Kleinfischerei bei der Ernährungssicherung oder der Ausweitung von Meeresschutzgebieten stehen auf der Agenda. Sie berühren einen Kern des UN-Nachhaltigkeitsziels SDG 14 und damit der Ozean Konferenz der UN im kommenden Juni in Lissabon.

Zu auch für den Meeresschutz wichtigen Konferenzen in diesem Jahr zählen die UN Ozean Konferenz in Portugal, die Weltnaturkonferenz in China, die Weltklimakonferenz in Ägypten sowie die Konferenz der FAO zu Fischerei und Aquakultur. Darüber hinaus sind auch die Verhandlungen zum Tiefseebergbau und zum BBNJ-Übereinkommen geplant.

Petition gegen Grundschleppnetzfischerei

Zusammen mit anderen Organisationen hat die Meeresschutzorganisation Seas At Risk letzte Woche über 150.000 Unterschriften gegen Grundschleppnetzfischerei dem EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius überreicht. Dabei hatten die Vertreter*innen der NGOs ein großes farbenfrohes Pop-Up-Buch über die Auswirkungen der Grundschleppnetzfischerei auf die Meeresumwelt dabei. In der Petition wird gefordert, dass die Europäische Union - beginnend mit einem sofortigen Verbot der Grundschleppnetzfischerei in allen Meeresschutzgebieten - ihre zerstörerischen Fischereipraktiken aufgibt.

„Die Grundschleppnetzfischerei zerstört nicht nur die Ökosysteme der Meere, gefährdet die Tierwelt und bedroht die Lebensgrundlage der Küstenbewohner, sondern beschleunigt auch den Zusammenbruch des Klimas. Durch diese Praxis wird der Meeresboden aufgewühlt, wodurch lebenswichtige Kohlenstoffspeicher freigesetzt werden, die über Jahrhunderte hinweg sicher verschlossen waren“, erklärt Steve Trent von der Umweltrechtsorganisation Environmental Justice Foundation. „Es ist zutiefst enttäuschend, dass die EU, die bei der Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Fischerei eine Vorreiterrolle spielt, die Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten immer noch zulässt. Das muss jetzt ein Ende haben.”

Aus Sicht der Unterzeichner*innen soll die EU-Kommission ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei in den bevorstehenden EU-Aktionsplan zur Erhaltung der Fischereiressourcen und zum Schutz der Meeresökosysteme (Ocean Action Plan) aufnehmen, welcher im nächsten Frühjahr verabschiedet werden soll. Die Grundschleppnetzfischerei, die umwelt- und klimaschädlichste Fischereimethode, sei in Europa weit verbreitet, beeinträchtige mehr als die Hälfte der Meeresböden und finde sogar in Meeresschutzgebieten statt.

Auch Unterwasserlärm gefährdet Populationen

Auch der Tiefseebergbau stellt eine große Gefahr für viele Meeresbewohner dar. Falls der Tiefseebergbau ohne weitere Forschung und Regulierung genehmigt wird, könnte dies über Jahrzehnte hinweg für zumindest 150 Meeresarten viel zu hohe Lärmpegel bedeuten, warnt die Meeresschutzorganisation OceanCare. In ihrer Publikation "Deep-Sea Mining: A noisy affair" weist OceanCare auf die Lärmemissionen hin, die von der Exploration und den zu erwartenden Ausbeutungsaktivitäten in der Tiefsee ausgehen, sowie auf die Bedrohung, die sie für das Meeresleben darstellen. Unterwasserlärm entstehe in allen Phasen des Tiefseebergbaus, und zwar sowohl durch temporäre als auch durch nahezu konstante Quellen. Lärm breite sich unter Wasser mit der fast fünffachen Geschwindigkeit des Schalls in der Luft aus. Unter bestimmten Bedingungen könnten niedrige Frequenzen über Tausende von Meereskilometern hinweg gehört werden.

Auf europäischer Ebene soll neben dem EU-Aktionsplan zur Erhaltung der Fischereiressourcen und zum Schutz der Meeresökosysteme auch ein neues EU-Wiederherstellungsgesetz geben (voraussichtlich veröffentlich am 23. März 2022). Dazu werden neue Vorhaben zur Meeresbeobachtung kommen (Ocean Observation Plan). Außerdem wird die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MS-RL) bewertet und einem Fitness-Check unterzogen. Im vergangenen Jahr hatte es dazu öffentliche Konsultationen und Workshops gegeben sowie die Konferenz "Future of Ours Seas". Die fertige Evaluation zur MS-RL will die EU-Kommission im ersten Quartal 2022 vorlegen und in die Folgenabschätzung integrieren. Schließlich gelten die neuen Vorschläge für transeuropäischen Verkehrsverbindungen (TEN-V) unter anderem auch für Binnengewässerstraßen und Meeresrouten sowie die zugehörigen Häfen. Erst Mitte vergangenen Dezember hatte die EU-Kommission eine Mitteilung veröffentlicht.
 

EU-Kommission: TENtec Interactive Map Viewer

Ocean protection and Marine Directive review: past present future. Interview with Monica Verbeek, Executive Director of Seas At Risk.

Seas At Risk et al.: More than 150,000 Europeans call on EU to ban bottom-trawling to protect ocean and climate

Seas At Risk: Underwater noise: the hidden danger of deep-sea mining

FAO: International Year of Artisanal Fisheries and Aquaculture (IYAFA 2022)

DNR: Grundschleppnetze, Unterwasserlärm und meerespolitischer Ausblick