Agrarpolitik: GAP-Budget steht, Grüne Architektur nicht

30. Juli 20

Zuvor diskutierten die Agrarminister*innen Details der Grünen Architektur der GAP.Die Einigung auf konkrete Zahlen ist ein wichtiger Schritt für den weiteren Prozess der Verhandlungen der GAP-Reform. Konkret sieht das Budget für die Agrarpolitik für die Jahre 2021-2027 folgende Details vor:

  • 356,4 Milliarden (Mrd.) Euro sieht der neue Haushalt insgesamt für die Agrar- und Fischereipolitik, also den Bereich „Natürliche Ressourcen und Umwelt“, vor. Während in die erste Säule 258,59 Mrd. Euro fließen sollen (davon 239,92 Mrd. Euro Direktzahlungen), erhält die zweite Säule, also die Entwicklung des ländlichen Raums, 77,85 Mrd. Euro.
  • Mitgliedstaaten können die Direktzahlungen für besonders große Betriebe auf freiwilliger Basis bei einer Höhe von 100.000 Euro (minus Arbeitskosten) deckeln.
  • „Voraussichtlich“ 40 Prozent der für die ausgegebenen Mittel sollen zum Klimaschutz beitragen.
  • Gelder können zwischen den Säulen hin- und hergeschoben werden und zwar bis zu 25 Prozent von der 1. in die 2. Säule und bis zu 30 Prozent von der 2. in die 1. Säule.
  • Mitgliedstaaten, die „mit besonderen strukturellen Herausforderungen in ihrem Landwirtschaftssektor konfrontiert sind“ oder bereits viel Geld in die 2. Säule investiert haben, erhalten weitere Mittel. Insgesamt sind dies noch einmal über 5 Milliarden Euro.
  • Die Direktzahlungen sollen bis 2027 in allen Mitgliedstaaten 215 Euro pro Hektar betragen.

Durchaus gemischt fallen die Reaktionen von Umwelt- und Naturschutzverbänden aus. Während eine grundsätzliche Einigung begrüßt wird, kritisieren die Verbände, dass durch das neue Budget im Großen und Ganzen der aktuelle Ansatz der Agrarpolitik, der auf flächenbezogenen Direktzahlungen basiert, fortgeführt wird. Besonders in der Kritik steht das 40-Prozent-Klimaschutzziel, das laut DNR-Präsident Kai Niebert eine „Augenwischerei“ sei.

Das European Environmental Bureau (EEB) zweifelt an der Wirksamkeit der für Umwelt- und Klimaschutz vorgesehenen Mittel, „wenn dieser Haushalt nicht an quantitative Umwelt- und Klimaziele geknüpft wird“, erklärt Bérénice Dupeux, Referentin für Landwirtschaftspolitik beim EEB. Sie kritisiert auch die Tatsache, dass Mitgliedstaaten bis zu 30 Prozent der Mittel für die ländliche Entwicklung auf die Direktzahlungen übertragen können. Das EEB kritisierte die Haltung des Agrarrats und forderte EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans am Montag gemeinsam mit anderen Organisationen auf, einen neuen, mit dem Green Deal in Einklang stehenden Vorschlag für eine GAP-Reform vorzulegen. Es könne offensichtlich nicht erwartet werden, dass die Vertreter*innen der Mitgliedstaaten sich dafür einsetzten, die Ziele der im Rahmen des Green Deal veröffentlichten Strategien in den Reformvorschlag einzuarbeiten, so das EEB.

Auch der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) sieht darin eine mögliche „Luftnummer“, die es den Mitgliedstaaten möglich mache, „Klimaschutzausgaben nachzuweisen, ohne wirkliche Veränderungen anstoßen zu müssen.“ Der Nabu vermisst außerdem konkrete, für den Schutz der Biodiversität zweckgebundene Mittel innerhalb der GAP. Die Tatsache, dass die Mittel für die zweite Säule nicht so stark gekürzt wurden wie zuvor von der EU-Kommission vorgeschlagen, begrüßt der Nabu.

Peter Röhrig, Geschäftsführer des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) sieht in dem Budget eine „Zementierung der aktuellen Agrarpolitik“, in der Flächenbesitz belohnt werde. „So wird das nichts mit dem Green Deal“, so Röhrig, der das EU-Parlament und die deutsche Regierung auffordert, sich für verbindlichen Klima- und Umweltschutz einzusetzen. EU-Parlamentarier Martin Häusling (Grüne/EFA, Deutschland) kündigt „massiven Gegenwind“ des EU-Parlaments an. Der Vorschlag, der weiterhin den größten Teil des Budgets über Direktzahlungen verteile, nehme „dem Green Deal den Wind aus den Segeln“.

Während die Landwirtschaftsminister*innen am Montag noch keine Klarheit über die finanziellen Mittel für die reformierte GAP hatten, diskutierten sie die Ausgestaltung der Grünen Architektur, also die Rolle von Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in der zukünftigen EU-Landwirtschaftspolitik. In einem Punkt kam es doch zu einer Einigung: So ließen sich die Minister*innen unter Leitung der deutschen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf die Festschreibung des Ziels ein, 40 Prozent des GAP-Budgets für Maßnahmen bereitzustellen, die im Zusammenhang mit Klima- und Umweltschutzmaßnahmen stehen.

Im Hinblick auf die Themen Eco-Schemes und Bereitstellung von nicht-produktivem Ackerland zeigten sich die Gräben zwischen den Verteidigern der „alten“ GAP und jenen, die eine Umgestaltung hin zu einer zukunftsfähigen und nachhaltigen Landwirtschaft anstreben. Viele Mitgliedstaaten forderten Flexibilität bei der Verteilung der Subventionen und wehrten sich gegen ein verbindliches Mindestbudget für Öko-Regelungen (eco-schemes). Auch auf eine Festlegung eines Mindestprozentsatzes an landwirtschaftlicher Fläche eines Betriebs, der nicht als Anbaufläche genutzt wird und Raum für Artenvielfalt lässt, konnten sich die Minister*innen nicht einigen.

In der Debatte um die Farm-to-Fork-Strategie („Vom Hof auf den Tisch“) wurden unterschiedliche Auffassungen zwischen EU-Kommission und Mitgliedstaaten deutlich. Während Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski erklärte, Ziele der Strategie über länderspezifische Empfehlungen in die nationalen Strategiepläne der GAP aufnehmen zu wollen, legten viele Minister*innen Wert auf die Unverbindlichkeit dieser Empfehlungen.

Schlussfolgerungen des Rats, GAP ab Seite 42

Nabu Blog Naturschätze.retten: Der EU-Haushalt steht (fast)

Bericht von Agra Europe zum Budget

Detaillierte Analyse des Budgets und seiner Entwicklung im Blog CAP Reform

Pressemitteilung des EEB

Pressemitteilung von Martin Häusling

Pressemitteilung des Rats zu den Ergebnissen

Pressemitteilung des EEB

Brief an Timmermans

Bericht des NABU zum Verlauf des Agrarrats im GAP-Ticker

DNR News