Agri-Fotovoltaik soll Klimaschutz mit Biodiversitätsschutz verbinden

Die Naturverträglichkeit der Veränderungen in der Landwirtschaft infolge des Ausbaus Erneuerbarer ist nach Ansicht der Landschaftsplanerin und Expertin für Energiepflanzenanbau Julia Wiehe eine Herausforderung, denn für einen erfolgreichen Klimaschutz sei der Schutz der Biodiversität entscheidend. „Eine Möglichkeit, beides nachhaltig zu verknüpfen, sind Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Flächen“, erklärt Wiehe.

Im Eckpunktepapier der deutschen Regierung im Februar 2022 wurden Maßnahmen vorgeschlagen, wie der Ausbau der Fotovoltaik im Einklang mit landwirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz vorangebracht werden kann. Als Ansatzpunkt wird unter anderem der Ausbau der sogenannten Agri-Fotovoltaikanlagen (Agri-FV) genannt. Darin werden die verwendeten Flächen zugleich landwirtschaftlich und für die Stromgewinnung genutzt, wobei die landwirtschaftliche Tätigkeit im Vordergrund steht und die Energieerzeugung dieser untergeordnet ist.

Der Ertrag der Kulturen unter den Modulen soll - laut dem Leitfaden des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme - nach der DIN-Spezifikation DIN SPEC (eine Standardisierung unter Leitung des Deutschen Instituts für Normung) mindestens 66 Prozent eines festgelegten Referenzertrages erreichen. Entsprechend dem Eckpunktepapier der Bundesministerien für Landwirtschaft, Wirtschaft und Umwelt sollen Agri-FV-Anlagen zukünftig auf allen landwirtschaftlichen Flächen grundsätzlich zulässig sein. Schutzgebiete, Grünland oder naturschutzrelevante Ackerflächen sollen allerdings aus Natur- und Klimaschutzgründen ausgeschlossen bleiben.

Sonnenkollektoren auf dem Acker sollen Böden schützen

Die Ausrichtung der Module, ihre Platzierung und der Überstellungsgrad der Fläche sind variabel. Dabei werden zwei Anlagentypen unterschieden: Bei hochaufgeständerten Anlagen findet die landwirtschaftliche Hauptnutzung unter den Modulen statt. Die Aufständerung hat daher eine Höhe von mindestens 2,10 Metern über dem Boden. Vorausgesetzt, die Module stehen dicht genug, haben sie das Potenzial, andere Schutzsysteme wie Folien oder Netze zu ersetzen.

„Bodennahe vertikale Anlagen haben den Vorteil, dass sie – mit den geringsten Überstellungsanteilen – insgesamt nur wenig Fläche verbrauchen. Die landwirtschaftliche Hauptnutzung erfolgt hier zwischen den Modulen. Diese können entweder schräg wie im herkömmlichen Solarpark, vertikal ausgerichtet oder auch verstellbar sein“, erklärt Wiehe in ihrem Fachbeitrag für den Deutschen Naturschutzring (DNR).

Derzeit wird noch geforscht, ob und wie die Kulturpflanzen von den aufgeständerten Modulen profitieren. „Eine Solaranlage auf dem Feld kann Windschutz bieten und so der Austrocknung der Böden entgegenwirken. Möglicherweise sind sie durch geringeren Hitzestress resilienter, und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln könnte reduziert werden“, erklärt Wiehe.

Der klare Vorteil der Agri-FV bestehe nach einer Einschätzung Wiehes jedoch darin, die Flächenkonkurrenz zwischen Landwirtschaft und Stromerzeugung zu verringern. „Ein Nutzen für den Naturschutz wird sich allerdings erst einstellen, wenn Agri-FV regelmäßig mit einer Umstellung auf eine extensivere oder ökologische Landwirtschaft verbunden wird. Bleibt die landwirtschaftliche Nutzung aufgrund der festgelegten und zwingend zu erreichenden Ertragsschwellenwerte oder Referenzerträge so intensiv wie zuvor, würde sich die Nutzung pro Flächeneinheit durch die Überlagerung eher verdichten, der Naturhaushalt würde nicht entlastet“, so Wiehe.
 

DNR: Agri-Fotovoltaik: Energiegewinnung zwischen Landwirtschaft, Klima- und Naturschutz?