Alpenverein: Gletscher schrumpfen weiter

16. April 20

Laut der neuen Zahlen des Alpenvereins zogen sich 86 von 92 untersuchten Eisriesen zurück. Der größte Rückgang wurde mit -86,9 Metern am Bärenkopfkees in Salzburg gemessen.

Das Gletscherhaushaltsjahr 2018/19 ist erneut als sehr gletscherungünstig zu charakterisieren und reiht sich nahtlos in eine langanhaltende Periode außerordentlich gletscherungünstiger Bedingungen ein – das ist ein Effekt des herrschenden Klimawandels. So fassen die beiden Leiter des Alpenverein-Gletschermessdienstes Gerhard Lieb und Andreas Kellerer-Pirklbauer vom Institut für Geographie und Raumforschung an der Universität Graz die aktuellen Ergebnisse des Gletscherberichtes zusammen.

„Insgesamt 24 Gletschermesser mit rund 50 Begleitpersonen waren zwischen Mitte August und Ende Oktober 2019 unterwegs, um Längenmessungen zahlreicher heimischen ‚Eisriesen‘ für den Gletscherbericht 2018/19 vor Ort zu machen“, erklärt Gerhard Lieb. „Für 2018/19 haben wir Informationen von 92 Gletschern.“ Für 84 dieser 92 Gletscher gibt es Messwerte, bei den übrigen acht wurde mit Fotovergleichen gearbeitet.

Von 92 untersuchten Gletschern sind 86 – also rund 94%– kleiner geworden. Der mittlere Rückzugsbetrag von 84 sowohl 2018 als auch 2019 vermessenen Gletschern betrug -14,3 Meter – eine deutliche Reduktion des Längenverlustes gegenüber den beiden Vorjahren. Fünf Gletscher veränderten sich in ihrer Länge praktisch nicht, einer der Gletscher wies sogar einen geringfügigen Vorstoß auf. Diese Ergebnisse sind jedoch keinesfalls als grundlegend verbesserte Bedingungen für das „ewige Eis“ zu werten – im niederschlagsreichen Winter aufgebaute Schneereserven schützten Teile der Gletscher vor ihrer Abschmelzung und bremsten den Gletscherschwund somit etwas ein.

„Dass sich fünf Gletscher praktisch nicht verändert haben und einer sogar geringfügig vorgestoßen ist, kann als Besonderheit gewertet werden“, erklärt Gerhard Lieb. „Die schon seit Jahrzehnten andauernde Rückzugstendenz der Gletscher wurde jedoch keinesfalls gebremst“. In den meisten Fällen lagen die Enden dieser Gletscher unter Altschnee aus dem vorangegangenen Winter - was das Eis etwas schützte – aber auch lokale topographische Gegebenheiten am Eisrand erklären diese scheinbar gletschergünstigen Werte. „Beim einzigen vorstoßenden Gletscher fand auch nicht wirklich ein aktives Vorstoßen der Eismassen statt – es wurde mehr ein ‚nach vorne Kippen‘ des Eisrandes dokumentiert.“

Laut den beiden Leitern des Alpenverein-Gletschermessdienstes handelt es sich in keinem Fall um ein aktives Vorrücken der betreffenden Gletscher aufgrund günstiger Bedingungen. Der Schein trügt demzufolge. „Die Gletscher wirken eingefallen, man sieht es ihnen vielfach optisch auch an, dass sie gletscherkundlich gesehen schlecht ernährt werden“ erklärt Lieb.

 

Alpenverein Österreich: Gletscherschwund gegenüber Vorjahren eingebremst – doch „der Schein trügt“: