Angela Merkel: Kohleboom gefährdet Klimaziele

30. April 20

Angela Merkel warb in ihrer Rede dafür, über den internationalen Kapitalmarkt die Wende „weg von fossilen Brennstoffen hin zu Erneuerbaren“ zu forcieren, ging ausführlich auf den deutschen Kohleausstieg ein – und kritisierte damit indirekt den anhaltenden Kohleboom in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern. Dieser ist auch ein zentrales Thema des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change).

Jan Steckel, Leiter der MCC-Arbeitsgruppe Klimaschutz und Entwicklung, meint dazu: „Es ist gut, dass die deutsche Kanzlerin auch in Coronazeiten das Klimathema ganz weit oben auf der globalen politischen Agenda ansiedelt. Sie hat heute auf dem Petersberger Klimadialog die Abkehr von fossilen Energien angemahnt – und damit auf den Kern des Problems verwiesen. Denn allein die zu erwartenden Kohleemissionen können das Ziel der Weltgemeinschaft unerreichbar machen, den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter 2 und möglichst sogar auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Selbst für das Erreichen des 2-Grad-Ziels nimmt uns die Kohle zunehmend den Spielraum. Weltweit sind zusätzlich zu den bestehenden Kohlekraftwerken mit einer Leistung von 2045 Gigawatt weitere Anlagen mit einer Leistung von 500 Gigawatt im Bau und in der Planung, die meisten davon in China, Indien und anderen Entwicklungs- und Schwellenländern.“

Und weiter: „Zusätzliche Projekte mit einem Gesamtvolumen von weiteren 300 Gigawatt sind derzeit von der Politik nur zurückgestellt worden: Damit diese Vorhaben nicht aus der Schublade geholt werden, zum Beispiel als Teil eines ökonomischen Stimulus nach der Coronakrise, braucht es jetzt eine internationale politische Anstrengung. Dabei geht es erstens darum, die Finanzierung für Kohle auszutrocknen, beispielsweise fördert China in großem Umfang den Ausbau der Kohleverstromung in anderen Ländern, auch wegen Überkapazitäten heimischer Kraftwerksproduzenten. Zweitens brauchen wir günstige Kreditoptionen für Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, worauf die Kanzlerin in ihrer Rede hingewiesen hat. Denn der Kapitalbedarf ist in diesem Bereich pro installiertem Gigawatt höher als bei Kohle – das ist in den Entwicklungs- und Schwellenländern mit ihren hohen Kapitalkosten ein großes Investitionshindernis. Und drittens brauchen wir auch dort ein relevantes Preissignal für Emissionen. Insgesamt müssen wir den energiehungrigen aufstrebenden Volkswirtschaften helfen, Entwicklung und Klimaschutz ohne Kohle zusammenzubringen.“

Der Deutsche Naturschutzring kommentiert die Rede der Bundeskanzlerin: „Es ist ein wichtiges Signal in diesen schweren Zeiten und ein erster Schritt in die richtige Richtung, dass die Bundeskanzlerin sich heute für eine Anhebung des europäischen Klimaziels 2030 auf 50 bis 55 Prozent ausgesprochen hat. Denn die Konsequenz der derzeitigen Gesundheits- und Wirtschaftskrise muss ein Mehr an Klimaschutz sein und nicht ein Weniger. Alles andere wäre fatale Unvernunft. Deutschland muss seinen Worten nun Taten folgen lassen und die bevorstehende EU-Ratspräsidentschaft dazu nutzen, die Umsetzung des Europäischen Green Deals aktiv voranzutreiben und sich für einen stärkeren europäischen Klimaschutz einzusetzen. Denn eins ist klar: Damit wir die Klimakrise in einem zu bewältigenden Rahmen halten können und die Erderhitzung von 1,5 Grad Celsius nicht überschritten wird, müsste die EU ihre Treibhausgasemissionen um mindestens 65 Prozent reduzieren. Hiervon sind wir beim heutigen Stand aber noch weit entfernt.“

 

oekonews: Weltweiter Kohle-Boom eine Gefahr für die Klimaziele

Pressestatement des DNR zum Petersberger Klimadialog