ARCHE NOAH: Vielfaltsfreundliches Saatgutrecht

Der Brief behandelt das Thema der Reform des EU-Saatgutrechts, also jene Vorschriften für die Erzeugung und das Inverkehrbringen von Pflanzenvermehrungsmaterial in der Europäischen Union. Mit der Reform werden die Zukunft des Saatgutmarktes sowie die Erhaltung und die Entwicklung der Kulturpflanzenvielfalt für Jahrzehnte festgelegt.

Der offene Brief richtet sich an den Vizepräsidenten der EU-Kommission Frans Timmermans, die für Saatgutrecht zuständige Kommissarin Stella Kyriakides, Agrar-Kommissar Janusz Wojciechowski, Umwelt-Kommissar Virginijus Sinkevičius sowie an die für internationale Partnerschaften zuständige Kommissarin Jutta Urpilainen. Die EU-Kommission plant, den Vorschlag für ein neues Saatgutrecht am 5. Juli gemeinsam mit einem Vorschlag zur Regulierung der Neuen Gentechnik zu präsentieren. Die EU-Kommission hat also nur noch fünf Wochen, um die letzten entscheidenden Punkte der Reform zu klären.

Die unterzeichnenden Organisationen fordern Rahmenbedingungen, die den Erhalt der noch bestehenden Kulturpflanzen-Vielfalt ermöglichen und das völkerrechtlich verankerte Recht umsetzen, das eigene Saatgut aufzubewahren, zu verwenden, auszutauschen und zu verkaufen. Die wichtige „in situ“-Erhaltung – das Erhalten einer Sorten auf dem Feld oder im Hausgarten, die dank des regelmäßigen Anbaus die Anpassung der Sorten an veränderte Klimabedingungen ermöglicht – wird fast ausschließlich von Bäuer:innen und Gärtner:innen geleistet. Diese Arbeit wird jedoch derzeit durch restriktive Vorschriften erschwert und in bestimmten Fällen in die Illegalität abgedrängt. In manchen EU-Ländern ist sogar der einfache Tausch von Saatgut zwischen Bäuer:innen untersagt.

Die 38 Organisationen fordern, dass die Prüfungen vor der Zulassung neuer Industrie-Sorten künftig unter biologischen oder zumindest unter Low-Input-Bedingungen stattfinden, um die Züchtung von Sorten, die ohne Chemie-Einsatz wachsen können, zu fördern. Der Marktzugang für „Vielfaltssorten“, die vom Industrie-Standard abweichen, soll vereinfacht werden. Für Bäuer:innen und Gärtner:innen braucht es auch endlich Transparenz bei der Herkunft des Saatguts und möglichen geistigen Eigentumsrechten. Es braucht einen modernen, zukunftsgerichteten Gesetzesvorschlag für ein Saatgutrecht der EU-Kommission, der den Vielfaltsverlust und die Klimakrise beachtet.
 

ARCHE NOAH: 38 Organisationen aus 20 Ländern fordern ein vielfaltsfreundliches Saatgutrecht