Bakterien sollen gegen Industrieabgase helfen

23. Jän 20

Bislang wird Ethanol, das an der Tankstelle zum Beispiel als E10 verkauft wird, aus landwirtschaftlicher Biomasse hergestellt. Das Problem dabei ist, dass die dafür nötigen Energiepflanzen wie Mais oder Raps viel Platz brauchen und in der Regel in riesigen Monokulturen angebaut werden. Fast 21 Prozent der deutschen Ackerbaufläche, insgesamt 2,45 Millionen Hektar, dienten 2018 der Biomasseerzeugung – diese Fläche fehlt wiederrum für die Lebensmittelproduktion.

Doch mikrobiologische Verfahren wie die Gasfermentation eröffnen neue Wege, auf den großflächigen Anbau von Biomasse für die Ethanol-Produktion zu verzichten und es stattdessen aus bestimmten Industriegasen herzustellen. Der Schlüssel dazu sind acetogene Bakterien. Forschern ist es gelungen, ihren Stoffwechsel so umzuprogrammieren, dass sie sich anstelle von Kohlenhydraten von Wasserstoff und CO2 ernähren. Allerdings ist das ein karges Mahl für die Bakterien. Sie müssten „trainiert“ werden, um aus dem Kohlenstoff andere Stoffe zu produzieren, erklärt Professor Volker Müller von der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt. Zusammen mit Kollegen der Universitäten Nottingham, Ulm und Toulouse forscht der Mikrobiologe an den CO2-fressenden Bakterien. „Wir sind dabei, diesen Prozess zu optimieren, indem wir die Bakterien genetisch verändern“, so Müller. Ziel sei es, mithilfe der Bakterien Stoffe herzustellen, die in der Industrie stark gefragt sind.

Mithilfe der bakteriellen Helfer könnten auch Bioplastiken, die derzeit noch aus erneuerbaren Rohstoffen wie Maisstärke hergestellt werden, erzeugt werden. Dann würden nicht nur Emissionen verwendet, sondern wie im Fall der Biokraftstoffe auch das Problem der großflächigen Biomasseproduktion gemindert werden. Allerdings sind diese Vorgänge bisher nur im Labormassstab möglich. Sollte es gelingen, den bakteriellen Stoffwechsel weiter zu optimieren, könnten die Ausbeuten erhöht werden, erklärt Müller. Eine grundlegende Reduktion der CO2-Emissionen ersetzt das dennoch nicht.

Euractiv