Bericht: Europas Flüsse in Gefahr
23. Mai 19
Anlässlich des informellen Umweltrates in Bukarest präsentiert eine europaweite Umweltallianz einen detaillierten Bericht über die massive Angriffswelle von Industrieverbänden auf den Gewässerschutz in der Europäischen Union. Darin wird klar aufgeschlüsselt, wie im Zuge des laufenden Fitness-Checks die wichtige Wasserrahmenrichtlinie auf allen Ebenen aufgeweicht werden soll. „Unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus läuft hier ein Frontalangriff auf den Umweltschutz. Trotz aller wissenschaftlichen Studien über die Folgen des menschlichen Raubbaus an der Natur stellen viele Lobbys immer noch einzig und allein ihre Profitinteressen in den Vordergrund. Dafür riskieren sie sogar die Zukunft unserer Ökosysteme und der Lebensgrundlage Wasser“, warnt WWF-Expertin Bettina Urbanek unter Verweis auf den Report von WWF, EEB, Wetlands International, der Europäischen Anglerallianz und dem European Rivers Network. Darin finden sich zahlreiche und oft gut getarnte Aufweichungswünsche von Interessensgruppen aus Landwirtschaft, Wasserkraft und Bergbau sowie aus der Bau-, Chemie- und Pharmaindustrie.
Demnach fordern beispielsweise europäische und deutsche Industrieverbände weitere Ausnahmen für eine stärkere chemische Belastung von Grundwasser und Flüssen. Zudem sollen noch mehr umweltschädliche Bauprojekte an Gewässern durchgeboxt werden können. „Die EU-Umweltminister müssen sich klar dagegen positionieren und dürfen nicht auf der Seite jener stehen, die unsere Flüsse und Seen stärker verschmutzen wollen“, warnt Urbanek. Daher ist auch Österreichs Umweltministerin dringend gefordert, sich für eine Sicherung der Wasserrahmenrichtlinie einzusetzen. „Elisabeth Köstinger muss hier auf allen Ebenen Widerstand gegen die Einflussnahme der Industrielobbys leisten“, fordert WW-Expertin Bettina Urbanek.
Konkret attackieren mehrere Lobbys ausgerechnet die zwei wichtigsten Eckpfeiler der Schutzbestimmung: das Verschlechterungsverbot sowie das „one-out, all-out Prinzip“, wonach ein Gewässer nur dann als gesund gilt, wenn alle Qualitätselemente – wie biologische Vielfalt oder chemische Belastung – in einem guten Zustand sind. Dagegen sprechen sich bezeichnenderweise etwa das schwedische Bergbauunternehmen SveMin sowie die britische National Farmers' Union aus. Parallel dazu fordert die Wasserkraft-Industrie weitere Sonderregelungen für den Staudammbau, um das Verschlechterungsverbot aufzuweichen.
„Fakt ist: Europas Flüsse sind mehrheitlich in einem schlechten ökologischen Zustand. Anstatt gegenzusteuern, nehmen aber mehrere EU-Länder sogar neue umweltschädliche Forderungen in ihre Positionen auf. Damit ignorieren sie auch die Wünsche der Bevölkerung“, sagt Bettina Urbanek und verweist auf jene 375.000 Menschen, die sich explizit für eine Beibehaltung des strengen EU-Gewässerschutzes ausgesprochen haben. Um ihnen eine Stimme zu verleihen, wird eine Umweltallianz diese 375.000 Stimmen heute an die EU-Kommission, den Ratsvorsitz und Vertreter der Mitgliedsländer übergeben. „Flüsse, Seen und Grundwasser bilden unsere Lebensgrundlagen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie vor unseren Augen zerstört werden“, appelliert Bettina Urbanek vom WWF Österreich.