Bürger:innen verklagen deutsche Regierung wegen Luftverschmutzung

Wegen gesundheitlicher Probleme und Bedenken, die durch die landesweite Luftverschmutzung verursacht werden, haben Einwohner:innen von Städten in ganz Deutschland die deutsche Bundesregierung verklagt. Unterstützt werden die Kläger:innen von den Umweltorganisationen ClientEarth und der Deutschen Umwelthilfe.

Die Bundesregierung hatte nicht auf die Senkung der empfohlenen Schwellenwerte durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im vergangenen Jahr reagiert – in einigen Fällen betrug die Senkung rund 75 %. Das deutsche Immissionsschutzgesetz blieb somit unverändert. Zwar ist die Schadstoffbelastung in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich gesunken und entspricht mittlerweile vielfach geltendem EU-Recht. Allerdings hat die WHO das, was sie für akzeptabel hält, teilweise um den Faktor vier oder fünf gesenkt. Das bedeutet, dass Menschen immer noch schmutzige Luft einatmen, auch wenn Städte nicht mehr illegal verschmutzt sind.

Dadurch atmen Menschen Luft ein, die bis zu vier- oder fünfmal so viel giftige Schadstoffe enthalten kann, wie Wissenschaftler:innen bereits für gefährlich halten. Die Behörden haben keine Möglichkeit, diese Situation zu ändern. Dieses Versäumnis, sich an die Wissenschaft anzupassen, setzt ihre Gesundheit und die ihrer Kinder der Giftverschmutzung aus und verletzt zudem ihre Grundrechte, erklärten die Beschwerdeführer:innen.

Zu den sieben Antragsteller:innen aus den vier am stärksten verschmutzten Städten Deutschlands gehören Eltern, die im Namen ihrer Kinder handeln, sowie mehrere Asthmakranke. Sie fordern die deutsche Bundesregierung auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesetze zu verschärfen, um sie und ihre Familien vor gefährlicher Verschmutzung zu schützen.

Klägerin: „Pflicht unserer Regierung, meine Kinder zu schützen“

„Ich klage für meine beiden Kinder. Sie verdienen es, gesund aufzuwachsen – das Leben in einer Stadt sollte sie nicht dazu verdammen, an der Luftverschmutzung zu erkranken und die Folgen für den Rest ihres Lebens mit sich zu tragen“, sagte etwa Constanze aus Düsseldorf. „Mein Ziel bei dieser Herausforderung ist es, weitere vermeidbare Gesundheitsschäden durch Luftverschmutzung zu verhindern – es ist die Pflicht unserer Regierung, meine Kinder und uns alle zu schützen.“

Volker aus München betonte: „Luftverschmutzung wird zwar nicht oft als offizielle Todesursache genannt, aber sie fordert Leben – und verursacht langfristige Krankheiten, darunter Krebs, Herzprobleme, Atemnot und Schlaganfälle. Ich selbst leide an Asthma. Luftverschmutzung ist in vielerlei Hinsicht ein unsichtbares Problem – nicht genug Menschen verstehen, wie sehr sie davon betroffen sind.“

ClientEarth: Giftige Luft könne Körper vielfältig schädigen

„Wir leben irgendwie in einer Welt, in der Transport und Industrie mehr Rechte zu haben scheinen als die Menschen selbst“, kritisiert die Grundrechtsanwältin von ClientEarth, Irmina Kotiuk. „Das Ausmaß des Problems ist klar – jedes Jahr tauchen mehr Daten darüber auf, wie viele Menschen von Luftverschmutzung betroffen sind, wie viele Menschen früh sterben und wie vielfältig das Einatmen giftiger Luft unseren Körper schädigen und verändern kann. Doch obwohl es einige lokale Vorkämpfer gibt, gehen die nationalen Regierungen quälend langsam damit um.“

Aktuell überarbeitet die Europäische Union ihr wichtigstes Luftqualitätsgesetz – die Ambient Air Quality Directive (AAQD), welches die oberen Schadstoffgrenzwerte für die gesamte EU festlegt. Nach der Vereinbarung bedeutet der Annahme- und Umsetzungsprozess jedoch, dass die EU-Mitgliedstaaten mehrere Jahre lang nicht verpflichtet sind, neue Grenzwerte einzuhalten.

„Was hier benötigt wird, ist einfach – die Angleichung der nationalen Luftqualitätsgesetze an die wissenschaftlichen Erkenntnisse der weltweit führenden Experten. Das ist das absolute Minimum, das unsere Regierungen tun sollten, um die Menschen zu schützen“, so Kotiuk.

 

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