EEB: Der Green Deal steht auf dem Spiel
Angriffe auf die grüne Agenda der EU nehmen an Intensität und Häufigkeit zu. Aktuelle prominente Beispiele, darunter der Präsident der Europäischen Volkspartei (EVP) Manfred Weber, der französische Präsident Emmanuel Macron und der belgische Premierminister Alexander De Croo, sind Beweis für eine wachsende politische Strategie, die darauf abzielt, das Tempo des Fortschritts in der Umweltgesetzgebung zu lähmen. Europa muss standhaft bleiben und dem Deregulierungsschub widerstehen.
Die jüngsten Forderungen nach „Regulierungspausen“ in der Umweltregulierung gehen über kurzfristige Eigeninteressen hinaus. Sie erarbeiten im Vorfeld der Europawahlen 2024 politische Positionen und Narrative gegen eine grüne Politik. Es ist wichtig, dass das vertretene Narrativ als das dargestellt wird, was es ist: ein unbegründeter Deregulierungsvorstoß. Trotz der Bemühungen dieser Europäischen Kommission, die Jahre des „Laissez-faire“ des Marktes und der Untätigkeit der Politik hinter sich zu lassen, schleichen sich die Echos der Deregulierung zurück. Dies bedroht die Zukunft der EU: von der Gesundheit, den Arbeitsplätzen und dem Lebensunterhalt der Bürger:innen bis hin zum Vertrauen der Wähler:innen in die Staats- und Regierungschef:innen und Institutionen, die ihr Volk schützen sollen.
Die weitreichenden Auswirkungen des Klimawandels, der Verlusts der biologischen Vielfalt und die Auswirkungen der Umweltverschmutzung auf die Gesundheit werden nicht Halt machen, wenn die politischen Entscheidungsträger:innen der EU eine Pause einlegen. Die Krisen werden zunehmen und die gesellschaftlichen Auswirkungen werden immer unüberwindbarer, während die globale Konkurrenz weiter voranschreitet. Jahrelange Erfahrungen haben gezeigt, dass der Markt und freiwillige Selbstverpflichtungen auch mit öffentlichen Zuschüssen nicht ausreichen. Es bedarf einer Regulierung, um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und Innovationen voranzutreiben.
Nichts Neues in Sachen Agrarindustrie
Letzte Woche stimmten die EU-Landwirtschaftsgesetzgeber für eine vollständige Ablehnung des EU-Vorschlags für ein Naturschutzgesetz. Der Gesetzgeber hat beschlossen, alle wissenschaftlichen Beweise zu ignorieren, die zeigen, dass man die Natur wiederherstellen muss, wenn man die Ernährungssicherheit langfristig gewährleisten will.
Das Naturwiederherstellungsgesetz (Nature Restoration Law) zielt darauf ab, gesündere, widerstandsfähigere Ökosysteme zu schaffen, die auch produktiver sind. Die Wiederherstellung von Ökosystemen kann helfen, mit Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen umzugehen, die durch die Klimakrise noch wahrscheinlicher werden. Die übergeordnete Verpflichtung, bis 2030 20 % der Land- und Meeresfläche der EU wiederherzustellen, kann bahnbrechend sein.
Für die Sektoren, die diese Politiker:innen angeblich unterstützen wollen, wird die Wiederherstellung der Natur dazu beitragen, produktive Böden und Meeresökosysteme zu gewährleisten und die Widerstandsfähigkeit der Wälder zu stärken, um das Risiko von Verlusten durch invasive Arten oder Waldbrände zu verringern.
Fortschritt oder Stillstand?
Die Deregulierung bringt die Welt an den Rand des Klimazusammenbruchs, vor dem Wissenschaftler:innen seit Jahrzehnten warnen. Eine gute Politik kann durch Innovation und Wettbewerbsfähigkeit in eine bessere Zukunft führen. Viele Interessengruppen, darunter auch fortschrittliche Industrien, fordern robuste Regulierungsrahmen, die ihre Sektoren in Richtung eines umweltfreundlichen, klimaneutralen und schadstofffreien Marktes steuern.
Wen sollte man unterstützen: die Branche, die sich auf die Welt von morgen vorbereitet oder die Akteur:innen, die alles beibehalten wollen wie gewohnt? Mit der Regulierung aufzuhören ist dasselbe wie zu hoffen, dass bestehende politische Maßnahmen die vielfältigen Krisen, mit denen man konfrontiert ist, lösen können. Das ist keine Führung sondern eine Täuschung der Öffentlichkeit.
Europäische Staats- und Regierungschef:innen und politische Parteien sollten sich gemeinsam Umwelt-, Sozial- und Klimagerechtigkeit einsetzen. Es müssen alle Kräfte gebündelt werden, um falsche Argumente zurückzuweisen, die den Fortschritt blockieren. Es braucht einen neuen EU-Pakt für eine gemeinsame Zukunft mit einem nachhaltigen Wohlstand.