Deutscher Meinungswandel zu Mercosur

3. Sept 20

Zwar steht der Abschluss des Ratifizierungsprozesses auf dem Programm der deutschen Ratspräsidentschaft in diesem Herbst. Doch die aktuelle Situation im brasilianischen Regenwald scheint sich nun doch auf die Haltung der deutschen Bundesregierung auszuwirken. Angesichts der Zunahme der Brandrodungen im letzten Jahr um rund 30 Prozent, wie das brasilianische Institut für Weltraumforschung konstatierte, hat sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen eine Ratifizierung in seiner derzeitigen Form ausgesprochen.

Das erklärte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer nach einem Gespräch mit der Bundeskanzlerin. Der Regierungssprecher bestätigte diese Haltung und äußerte „erhebliche Zweifel“ sowie „Skepsis“ in Bezug auf die Umsetzung des Abkommens in seiner aktuellen Version.

Die Handelspolitik ist ein Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Zahlreiche Handelsabkommen – mit den Mercosur-Ländern, mit den USA, Großbritannien, China und Mexiko – stehen auf der Agenda.

Seit dem Abschluss der Verhandlungen im vergangenen Jahr warnen mehrere Hundert Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen vehement davor, das Abkommen umzusetzen, da es die Zerstörung des Amazonasgebietes vorantreiben würde. Angesichts dessen ist für Cornelia Maarfield, Projektmanagerin für Handel und Klima bei der Klimaschutzorganisation CAN Europe, die Äußerung Merkels deshalb „ein erster Schritt in die richtige Richtung.“ Die europäischen Staats- und Regierungschef*innen sollten die derzeitige Version des Abkommens „auf Eis legen und es auf Grundlage eines Mandats neu aushandeln, das sowohl den Klimanotstand als auch die Notwendigkeit der Rettung des Amazonas-Regenwaldes und seiner Bevölkerung widerspiegelt“, so Maarfield. Die wachsende Zahl von Bränden im Amazonas-Regenwald sei kein Zufall, sondern eine Vorbereitung auf den erwarteten Anstieg der landwirtschaftlichen Exporte in die EU.

Nicht nur die Regierungen der Mitgliedstaaten, sondern auch das EU-Parlament und die nationalen Parlamente müssen dem Abkommen zustimmen, damit dieses in Kraft treten könne.

Zudem untersucht seit Juli die Europäische Ombudsfrau mögliche Versäumnisse der EU-Kommission im Laufe der Verhandlungen des Abkommens.

Indes wurden dem offiziell für das Abkommen zuständige EU-Handelskommissar Phil Hogan die irischen Auflagen im Rahmen der Corona-Pandemie zum Verhängnis und führten dazu, dass er in dieser Woche seinen Rücktritt erklärte. Da er in dieser Position auch die Verhandlungen für ein Abkommen mit Großbritannien leitete, sucht Kommissionspräsidentin von der Leyen nun schnell eine*n Nachfolger*in. EU-Abgeordnete Anna Cavazzini (Grüne/EFA) sieht in der Neubesetzung des Handelsressorts eine Chance, „die europäische Handelspolitik endlich mit dem EU Green Deal in Einklang zu bringen.“ Als potentielle Kandidat*innen, die von irischer Seite nominiert werden könnten, listet das Nachrichtenmagazin Euractiv den irischen Außenminister Simon Coveney, die Vizepräsidentin des EU-Parlaments Mairead McGuiness und den ehemaligen Minister Richard Burton auf. Ob das Handelsressort weiterhin in irischer Hand bleibt oder von der Leyen die Zuständigkeiten rotiert, ist noch nicht klar. Interimistisch wird Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis das Amt übernehmen.


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