Deutscher Naturschutzring - EU-Kommission: Zugeständnisse bei Flottengrenzwerten
Die EU-Kommission will als Teil des Aktionsplans zur Unterstützung der europäischen Autoindustrie die CO₂-Grenzwerte für Pkws anpassen. Dabei soll die Erreichung der Ziele von 2025 auf 2027 verschoben werden – im Detail heißt dies, dass die CO₂-Flottengrenzwerte für die Jahre 2025, 2026 und 2027 gemittelt betrachtet werden und nicht mehr die Zielerreichung in den einzelnen Jahren im Fokus steht. Während die grundsätzliche Höhe der Emissionsreduktionsziele jedoch unangetastet bleiben soll, könnten Fahrzeughersteller nun zukünftig Strafzahlungen wegen Nichterreichung der Minderungsziele im laufenden Jahr umgehen, indem in den kommenden zwei Jahren die Reduktionsziele übertroffen werden.
Im EU-Parlament hatten Industrie und Christdemokraten (EVP) die Aussetzung der Vorgaben oder der Strafzahlungen gefordert, während Sozialdemokraten (S&D) und Grüne gegen eine Verwässerung der Ziele sind. Laut Europe.Table wollen „S&D, EVP und Liberale (…) verabreden, dass der Kommissionsvorschlag vom EU-Parlament im Dringlichkeitsverfahren beschlossen wird“. Zur Folge hätte dieses Vorgehen, dass der Umweltausschuss ENVI nicht befasst würde und somit verhindert werden könnte, dass es zur Abstimmung von Änderungsanträgen an dem Vorschlag der Kommission kommen könnte. Zwar wird vonseiten der EU-Kommission aktuell noch beteuert, dass die beschlossenen Reduktionsziele und CO₂-Grenzwerte beibehalten werden sollen. Jedoch wurde ein Absatz im Entwurf des aktuellen Vorschlags, in dem das Festhalten an den Grenzwerten als „essenziell“ hervorgehoben wurde, aus der finalen Fassung gestrichen. Tatsächlich könnte es noch in der zweiten Jahreshälfte 2025 auch zu einer Anpassung der Flottengrenzwerte kommen: Insbesondere Abgeordnete der EVP wollen erneut eine Debatte über die Methoden zur Erreichung der Zielwerte aufmachen.
Auch das Ende der Neuzulassung von Verbrennermotoren steht womöglich auf der Kippe: Abgeordnete der EVP, der Patrioten sowie EKR (Europäische Konservative und Reformer) fordern, dass das sogenannte „Verbrenner-Aus" zurückgenommen werden soll und somit Neufahrzeuge mit Verbrennermotoren auch nach 2035 noch zugelassen werden könnten. Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Regierung steht eine Rücknahme des Verbrenner-Aus zwar nicht auf dem Plan, Strafzahlungen aufgrund der CO₂-Flottengrenzwerte sollen allerdings vermieden werden.
Positionen der Umweltorganisationen
Von Umweltorganisationen hagelt es Kritik an dem Vorschlag der EU-Kommission zur Abschwächung der CO₂-Mindeststandards für Pkw. Aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe handelt es sich beim „Sägen am Verbrenner-Aus“ bis 2035 zudem um nicht weniger als einen Skandal, sei diese Festlegung doch bereits nur ein Kompromiss gewesen und aus Klimaschutzperspektive eigentlich ein Ausstieg bereits bis Ende dieses Jahrzehnts notwendig. Auch der europäische Dachverband für nachhaltigen Verkehr Transport & Environment (T&E) hält den Vorschlag der Kommission für einen großen Fehler. Die Verzögerung der Flottengrenzwerte müsse das letzte Zugeständnis an die Autohersteller sein. Die Verkäufe von batteriebetriebenen Elektroautos in Europa seien zudem in den ersten beiden Monaten des Jahres um 28 Prozent gestiegen, da sich die Branche bereits auf die Erfüllung des bestehenden Ziels für 2025 vorbereitet habe. Der Aufschwung beim Verkauf von Elektroautos zeige, dass das bestehende EU-Ziel funktioniere, so Julia Poliscanova, Leiterin der Abteilung für Fahrzeuge und Lieferketten der Elektromobilität bei T&E. Außerdem sei es ein Fehler, die „Regeln in der Mitte des Spiels zu ändern“.