Deutscher Naturschutzring: EU-Parlament stimmt für Aufweichung der EUDR

In der EU verkaufte Produkte sollen nicht von abgeholzten Flächen stammen – das regelt das Gesetzeswerk zum Schutz von Wäldern vor Entwaldung, das eigentlich ab Ende 2024 gelten soll. Am 14. November hat das EU-Parlament mit 371 Ja- zu 240 Nein-Stimmen bei 30 Enthaltungen zugestimmt, die Frist zur Umsetzung der Vorschriften um ein Jahr zu verschieben. Als Reaktion auf die Bedenken von EU-Mitgliedstaaten, Nicht-EU-Ländern, Händlern und Marktteilnehmern hatte die EU-Kommission eine Fristverlängerung vorgeschlagen. Das Plenum beschloss im Oktober 2024, den Vorschlag im Rahmen des Dringlichkeitsverfahrens (Artikel 170 Absatz 6) zu behandeln. Außerdem gab es zahlreiche von der konservativen EVP-Fraktion eingebrachte Änderungsvorschläge. Von den 15 ursprünglich zusätzlich zum Kommissionsvorschlag erarbeiteten brachte die EVP noch neun, teils weitreichende Änderungsvorschläge ein, sechs zog sie zurück. Laut Medienberichten (ENDS) fielen während der als „chaotisch“ bewerteten Abstimmung teilweise die Geräte aus, aber einer beantragten Wiederholung der Abstimmung sei nicht stattgegeben worden. Kommt der Beschluss des EU-Parlaments durch, müssten große Marktteilnehmer und Händler sich ab dem 30. Dezember 2025 an die EUDR-Verpflichtungen halten, während Kleinst- und Kleinunternehmen bis zum 30. Juni 2026 Zeit hätten. Zunächst ist wieder der zuständige Parlamentsausschuss gefragt, denn mit den neuen Änderungsvorschlägen müssen die eigentlich schon abgeschlossenen Trilogverhandlungen wieder aufgemacht werden. Damit die Änderungen in Kraft treten können, muss der vereinbarte Text sowohl vom Rat als auch vom Parlament gebilligt und im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden.

Positionen von anderen Umweltschutzorganisationen

Greenpeace kritisierte, dass diese Änderungen „Schlupflöcher hinzufügen, die das Gesetz anfechtbar machen, Verwirrung stiften und die Waldzerstörung vorantreiben“. Während Staats- und Regierungschefs in Aserbaidschan zur COP29 versammelt seien, hätten sich Mitte-Rechts- und rechtsextreme Parteien im Europäischen Parlament zusammengeschlossen, um mittels Abschwächung eines Schlüsselgesetzes zum Waldschutz den europäischen Green Deal zu demontieren. Die Demontage könne und müsse jedoch gestoppt werden.

BirdLife protestierte ebenfalls: „Die EU entkernt und verzögert das Waldschutzgesetz“. Die von konservativen und rechtsgerichteten Fraktionen des EU-Parlaments unterstützte verzögerte Umsetzung werde „katastrophale Folgen“ haben. Nach eigenen Schätzungen der EU werde bei einer einjährigen Verzögerung 2.500 Quadratkilometer Wald vernichtet, was der Größe der Stadt Moskau entspreche. „Eine Waldrodung dieses Ausmaßes wird den Klimawandel beschleunigen, die biologische Vielfalt zerstören und uns alle dem Risiko von noch mehr Überschwemmungen, Bränden und Dürren aussetzen“, so die Organisation. Außerdem habe das Parlament durch die Annahme von Änderungsanträgen die EUDR so stark geschwächt, dass sie nicht mehr ausreiche, um die weltweite Entwaldung zu bekämpfen, und auf dem Boden der EU schwerwiegende Folgen habe. Die neue Kategorie „kein Risiko“ dürfte potenziell alle EU-Länder von der Sorgfaltspflicht befreien. Somit könnten zahlreiche Länder als „risikolos“ eingestuft werden, selbst wenn dort Abholzung, Schädigung und illegale Praktiken stattfinden, so dass der EU-Markt weiterhin mit Produkten überschwemmt wird, die mit diesen zerstörerischen Praktiken in Verbindung stehen.

Auch Robin Wood kritisierte das Ergebnis der Abstimmung. „Mit der Verzögerung der EUDR nimmt die EU billigend in Kauf, dass die weltweite Entwaldung durch den Konsum von Produkten wie Kaffee, Kakao und Palmöl in der EU weiter voranschreiten kann. Pro Minute wird eine Waldfläche der Größe eines Fußballfeldes zerstört“, sagt Fenna Otten, die Tropenwaldreferentin der Organisation.

Anti-Entwaldung: EU-Parlament stimmt für Aufweichung der EUDR