Deutscher Naturschutzring: Mehrjähriger Finanzrahmen und die Landwirtschaft

Der MFR umfasst den gesamten EU-Haushalt, von dem die Ausgaben zur Unterstützung der Landwirtschaft bisher einen Anteil von über 30 Prozent ausmachten. In der aktuellen weltpolitischen Lage priorisiert die Kommission die Verteidigungsfähigkeit der EU, so dass mit Verschiebungen zu Ungunsten der Landwirtschaft gerechnet werden kann. Auch ein möglicher Beitritt der Ukraine mit ihren riesigen Agrarflächen würde zu finanziellen Herausforderungen führen, wenn man die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nicht konzeptionell verändert. Führte man die derzeitige Einkommensstützung unter einem Beitritt der Ukraine fort, würden jährlich bis zu 10 Milliarden Euro von einem Budget von bisher 52 Milliarden Euro in die Ukraine fließen, analysierte die Bundeszentrale für politische Bildung.

In dem Vorschlag der EU-Kommission für den MFR ist von drei Hauptfonds die Rede: einer für die Außen- und Verteidigungspolitik, einer für Wettbewerbsfähigkeit sowie ein dritter, der die Kapitel zur Kohäsion und zur GAP in „nationalen Plänen“ zusammenfassen soll. Darunter ist zu verstehen, dass die Kommission den Mitgliedstaaten stärker überlassen möchte, wie sie ihre Gelder ausgeben. Begleitet wird dieser größere nationale Spielraum allerdings von Strategieplänen, die die Mitgliedstaaten der Kommission vorlegen müssen, mit klar definierten Zielen, Maßnahmen und Indikatoren, wie diese erreicht werden sollen. Mehr nationale Pläne, bei denen nur dann Geld fließt, wenn EU-Standards eingehalten werden sowie mit Maßnahmen hinterlegte Nachhaltigkeitsziele, könnten zu positiven Effekten für die Umwelt führen. Ähnlich wie die Agrargelder, die an grundlegende Umweltstandards gekoppelt sind, könnten beziehungsweise sollten weitere nationale Budgets nur ausgegeben werden, wenn sie auf bestehende Biodiversitätsziele ausgerichtet sind und wenn die Länder zentrale Elemente des europäischen Umweltrechts umgesetzt haben. Die Kommission müsse Erfolgsindikatoren einführen und diese prüfen. Dies ist ein Weg, der in der Agrarpolitik der vergangenen Förderperioden in Ansätzen gegangen wurde, der aber unter dem Eindruck der Bauernproteste und dem Schlagwort des Bürokratieabbaus in Teilen wieder aufgerollt wurde. Konditionalitäten und Berichtspflichten werden abgebaut, nationale Strategiepläne bleiben Papiertiger.

In einem Leak vom 14. März heißt es laut AgraEurope, der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL), der im Wesentlichen die Erste Säule der GAP darstellt, „soll eine nicht näher definierte Sonderrolle erhalten“. Das lässt viel Spielraum für Interpretationen.

EU-Agrarkommissar Hansen kündigte in seiner 100-Tages-Vision an, dass die Direktzahlungen bestehen bleiben sollen. Die GLÖZ-Standards stünden in Frage und sollten teilweise oder gänzlich ersetzt werden durch Ökoregelungen – eine Art Katalog umweltschonender Maßnahmen, aus denen sich Landwirte für sie passende auswählen dürfen. Die EU-Kommission will ihre konkreten Pläne für den Mehrjährigen Finanzrahmen Anfang Mai präsentieren. Das Europaparlament stimmt voraussichtlich im September über seine Position zur GAP nach 2027 ab. Eine erste Version eines Initiativberichts aus dem Agrarausschuss liegt bereits vor. Die kommenden Monate sind für die Frage entscheidend, ob sich die EU-Agrarpolitik nachhaltig und zukunftsfest ausrichtet, indem sie gesunde Böden, frisches Wasser, die Artenvielfalt und saubere Luft als Betriebsgrundlagen der Landwirtschaft anerkennt und ihre Erhaltung entsprechend fördert.

Mehrjähriger Finanzrahmen: Weniger Geld, mehr nationale Spielräume für die Landwirtschaft?