Deutscher Naturschutzring: Position zu Net Zero Industry Act

Mit dem Net-Zero Industry Act sollen Business Cases für industrielle Dekarbonisierung in Europa gestärkt werden, damit Europa nicht den Weg einer Dekarbonisierung durch Deindustrialisierung geht. Es ist wichtig, industriepolitisch tätig zu werden angesichts der enormen Subventionspakete, die konkurrierende Wirtschaftsräume, etwa die USA mit dem fast 400 Milliarden Dollar umfassenden Inflation Reduction Act, zur Stärkung sogenannter „Clean-Tech-Unternehmen“ auf den Weg gebracht haben. Der Industrie-Ausschuss ist dem Berichtsentwurf vom 25. Mai gefolgt, die gesamte Lieferkette, einschließlich Komponenten, Materialien und Maschinen in die potentielle Förderung einzubeziehen. Damit soll sichergestellt werden, dass mindestens 40 Prozent der jährlich installierten klimafreundlichen Technologie bis zum Jahr 2030 aus europäischer Produktion stammen. Gleichzeitig soll der NZIA dafür sorgen, dass Unternehmen konkurrierender Länder, etwa China, unter bestimmten Voraussetzungen von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden können.

Umweltverbände kritisieren Positionierung zu CCS

Naturschutz- und Umweltschutzverbände begrüßen zwar grundsätzlich das Vorhaben der EU-Kommission, die Transformation der europäischen Wirtschaft Richtung Klimaneutralität voranzubringen, kritisieren aber die Ausweitung der „Netto-Null-Technologie“-Liste. Die nun beschlossene Positionierung klassifiziert auch Carbon Capture and Storage (CCS) als sogenannte „Netto-Null-Technologie“. Diese Klassifizierung und die damit einhergehenden rechtlichen Priorisierungen (wie überragendes öffentliches Interesse und Verfahrensbeschleunigung) werden von den Umweltverbänden scharf kritisiert. „Aufgrund der möglichen unvollständigen CO2-Abscheidung am Industrieschlot, des enormen Energieverbrauchs, verbleibender Restrisiken bei der Deponierung des CO2 sowie Lock-in-Effekten sind Optionen der Emissionsvermeidung gegenüber CCS immer vorzuziehen“, heißt es in einem gemeinsamen Positionspapier von Bund für Naturschutz (BUND), Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Naturschutzbund (NABU), WWF und Deutscher Naturschutzring (DNR) vom 13. Oktober. Auf taube Ohren bei den ITRE-Ausschussmitgliedern stieß auch die Forderung der Verbände, nur solchen Wasserstoff mit Steuermitteln zu fördern, der auf Basis zusätzlicher Erneuerbarer Energien produziert wurde. Die Verbände befürchten, dass im Rennen um Wettbewerb, Protektion und Technologieförderung der Natur- und Artenschutz auf der Strecke bleiben wird. Wenn zukünftig bei der Raumplanung den gezielten Förderungen regionaler Industriecluster in den sogenannten „Netto-Null-Industrietälern“ (Net-Zero Industry Valleys) Vorrang vor Belangen des Natur- und Artenschutzes eingeräumt wird, könnten sogar die durch die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie eigentlich besonders geschützten Landschaftsräume, die NATURA-2000-Gebiete, unter die Räder kommen. Denn für diese ist keine Ausnahme vorgesehen. Beschleunigte Genehmigungsverfahren könnten zudem dazu führen, dass der Anlagenbetrieb in Zukunft ohne Umweltverträglichkeitsprüfung möglich wird.

Der nun beschlossene Text muss im November noch durch das Plenum des EU-Parlaments verabschiedet werden. Anschließend können die Trilogverhandlungen mit den Mitgliedsstaaten beginnen. Der EU-Rat hat bisher noch keine finale Positionierung zum NZIA vorgelegt.

NZIA-Positionierung: Förderung nicht-nachhaltiger Technologien