Deutscher Naturschutzring: Vorschlag zu neuer Gentechnik

Mit Beginn des neuen Jahres hat Polen die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Schon kurz darauf zirkulierte ein neuer Vorschlag der Ratspräsidentschaft zum Umgang mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT). Der vorgelegte Kompromissvorschlag soll den Stillstand in den Diskussionen zur Neujustierung des Gentechnikrechts beenden. Der umstrittene Verordnungsvorschlag zur Deregulierung neuer Gentechnik hängt seit Monaten im EU-Rat fest. Einer der zentralen Knackpunkte: die Patentierung.

Für viele Mitgliedstaaten, darunter Polen, war die ungeklärte Patentfrage bislang ein Hindernis, um dem Verordnungsentwurf der EU-Kommission vom Sommer 2023 zuzustimmen. Der neue Kompromissvorschlag sieht nun vor, dass Saatgut patentierter NGT-Pflanzen gekennzeichnet werden muss. Den EU-Mitgliedstaaten soll es zudem erlaubt sein, den Anbau mit neuer Gentechnik veränderter Pflanzen zu regulieren („Opt-out“-Maßnahmen). Laut Informationsdienst Gentechnik soll im neuen Vorschlag unterschieden werden zwischen „NGT-Pflanzen und Produkten, die frei von allen patentrechtlichen Ansprüchen sind, sowie solchen, für die Patente von EU-Mitgliedstaaten oder vom Europäischen Patentamt erteilt oder dort beantragt wurden“. Die Hersteller würden dazu verpflichtet, entsprechende Angaben zu machen. Das Saatgut der NGT-Pflanzen würde zusätzlich zur Angabe „Kategorie NGT 1“ auch mit „patentgeschützt“ oder „Patent angemeldet“ gekennzeichnet werden.

Positionen zu dem Vorschlag zu neuer Gentechnik

Erste Reaktionen auf den polnischen Entwurf fallen ablehnend aus. Das Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie (Testbiotech) macht deutlich, dass der Vorschlag dem Patentproblem nicht gerecht werde und Umweltrisiken durch NGT-Pflanzen weiterhin ignoriert würden. Es sei ein „schwacher Vorschlag“. Laut Testbiotech erfordere eine wirkliche Lösung der Patentfrage eine Absicherung, dass nur gentechnisch veränderte Pflanzen patentiert werden können. Und dafür wäre eine Präzisierung der EU-Patentrichtlinie nötig. Zudem sei eine Initiative erforderlich, die Patente auf Pflanzen und Tiere gemäß internationalem Recht generell verbiete.

Auch für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sei der polnische Vorstoß noch weit davon entfernt, die nötigen Verbesserungen zum Umgang mit NGT-Pflanzen zu liefern. Denn die „Veränderung und Freisetzung von Wildpflanzen wäre so weiterhin möglich“, was Ökosysteme und die Natur gefährde, so Pia Voelker, Expertin für Gentechnikpolitik beim BUND. Die Frage wie die breite Patentierung von Pflanzen und Pflanzenmaterial zu verhindern sei, bliebe weiter unbeantwortet. Die Umwelt müsse vor unkontrollierter Freisetzung von nicht rückholbaren Organismen geschützt werden. Wie zahlreiche Verbände aus Landwirtschaft, Umweltschutz, Verbraucher:innenschutz und Ernährungswirtschaft plädiert Voelker für „Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und eine Risikoprüfung für alle gentechnisch veränderten Pflanzen – auch die aus Neuen Gentechniken.“ Landwirtschaftsverbände wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und die katholische Landvolkbewegung haben am 9. Januar ihr Forderungen nach der strikten Regulierung neuer Gentechnik in einem gemeinsamen Positionspapier erneuert.

Bereits am 20. Januar soll der polnische Vorschlag in einer EU-Arbeitsgruppe der Mitgliedstaaten zu Gentechnik in der Landwirtschaft diskutiert werden. (Quelle: DNR)

Neuer Vorschlag zu neuer Gentechnik