Status quo zur Deregulierungsagenda der EU-Kommission

3. Sept 20

Der Europäische Rechnungshof (ECA) hat der EU-Kommission in Bezug auf deren bessere Rechtsetzung ein gutes Zeugnis ausgestellt. So bezeichnete der Rechnungshof die bessere Rechtsetzung in einer veröffentlichten Analyse als „ein Schlüsselelement der Politikgestaltung in der EU“, welches es seit nunmehr fast 20 Jahren gibt. Allerdings müsse der Beteiligungsprozess bei Konsultationen verbessert und EU-Vorschriften weiter vereinfacht werden.

Laut Rechnungsprüfer*innen sind die wichtigsten Instrumente der besseren Rechtsetzung die Konsultation der Interessenträger, die Folgenabschätzungen politischer Optionen, die Überwachung von Umsetzung und Anwendung von Rechtsvorschriften sowie die Evaluierung von Rechtsvorschriften der EU. Hier setzt der Rechnungshof auch mit seinen Empfehlungen an: Insbesondere könne mehr getan werden, um Bürger*innen sowie Interessenträger durch den Konsultationsprozess zu erreichen. Außerdem müsse die Faktengrundlage für die Beschlussfassung verbessert werden. Zudem müsse auch gefördert, überwacht und durchgesetzt werden, wie EU-Recht in nationales Recht umgesetzt und in der Praxis angewendet wird. Darüber hinaus müssten Gesetzgebungsverfahren für die Öffentlichkeit transparenter gemacht werden. Schließlich heißt es in der Analyse, dass es bei der besseren Rechtsetzung weder um „mehr“ oder „weniger“ Regulierung in der EU noch darum gehe, bestimmte Politikbereiche zu deregulieren oder gegenüber anderen Prioritäten zurückzustellen.

Umweltschutzorganisationen in der EU und in Deutschland stehen dem Instrument der besseren Rechtsetzung allerdings kritisch gegenüber. Im Steckbrief des Deutschen Naturschutzrings (DNR) zur sogenannten One-In-One-Out-Regel (OIOO) vom April dieses Jahres heißt es dazu: „Die EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker hatte anfänglich versucht, durch eine Deregulierungsagenda unter dem Deckmantel ´bessere´ Rechtsetzung die Umweltgesetzgebung aufzuweichen. Allerdings hat die EU-Kommission im Oktober 2017 ihre Agenda für bessere Rechtsetzung vollendet. Sie hat eingesehen, dass starre Deregulierungsziele wie OIOO ein Irrweg sind.“ Diese besagt, dass neue Belastungen nur in dem Maße eingeführt werden dürfen, wie bisherige Belastungen abgebaut werden (Kompensation).

Kritisch zur Deregulierungsagenda der EU äußert sich der DNR in einem Factsheet: „Mit dem Brexit-Votum im Juni 2016 fällt Großbritannien als treibende Kraft zur Deregulierung in der EU weg. Doch nun versuchen Deutschland und Frankreich, die Deregulierungsagenda in der EU weiter voranzutreiben. Der Steckbrief geht sowohl auf die EU-Bestrebungen zur besseren Rechtsetzung als auch auf den Bürokratieabbau in Großbritannien, Frankreich und Deutschland ein. Mittlerweile hat in der EU ein Paradigmenwechsel in Richtung besserer Rechtsetzung stattgefunden. Doch die Koalition aus SPD, CDU und CSU hält an Deregulierungszielen fest und will sie ausbauen. Der Umweltdachverband DNR und das CorA-Netzwerk für Unternehmensverantwortung fordern von der neuen Bundesregierung, Abstand von der ´One-in one-out´-Regelung – auch bei europäischen Vorgaben und in der EU – zu nehmen.“

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will in ihrer Amtszeit eine OIOO-Regel einführen –mit dem Fokus auf monetäre „Belastungen“. So hat sie nicht nur in ihren politischen Leitlinien, sondern auch in den Arbeitsaufträgen (mission letters) an die jeweiligen Kommissar*innen die Einführung von OIOO angemahnt. Gleichzeitig hat die Kommission einen neuen „do no harm“-Ansatz angekündigt, der in allen Sektoren als übergeordneter Prüfvorbehalt einzuführen ist, um das durch die Verträge verbindlich festgeschriebene Vorsorgeprinzip zu unterstützen. Besonders virulent wird das Thema, da Deutschland bzw. das Bundeswirtschaftsministerium das OIOO-Prinzip während der laufenden EU-Ratspräsidentschaft auf EU-Ebene durchsetzen wolle. Die EU-Kommission plant indes, im Herbst eine Mitteilung zu besserer Rechtsetzung und OIOO zu veröffentlichen.

 

ECA: Analyse #2 Gesetzgebung in der Europäischen Union nach fast 20 Jahren besserer Rechtsetzung

DNR-Steckbrief zu One-In-One-Out 

DNR-Steckbrief zu besserer Rechtsetzung   

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