EEB: Bewertung der Anhörung der EU-Kommission vor dem EU-Parlament
Teresa Ribera – Exekutiv-Vizepräsidentin für einen sauberen, fairen und wettbewerbsfähigen Wandel(angehört, Entscheidung steht aus)
Bei Teresa Ribera ist positiv zu bewerten, dass sie am Green Deal festhält. Ihr Fokus wird auf der Abkehr von fossilen Brennstoffen, Just Transition, Konzentration auf Kreislaufwirtschaft, Effizienz und sauberen Technologien liegen. Sie setzt stark auf Interdependenzen und Co-Benefits eines grünen Übergangs. Unklarheit gibt es bei der Finanzierung. Obwohl Ribera Themen wie Begrenzung von Ressourcennutzung und der Abkehr von Fossilen tendenziell positiv eingestellt zu sein scheint, gibt sie hier keine verbindlichen Antworten, sondern sie verweist auf die Notwendigkeit an einem Konsens zu arbeiten und einen Kulturwandel einzuläuten, der zu einer Begrenzung von Ressourcenwachstum führen soll. Auch in anderen Themenbereichen fällt auf, dass sie wenig verbindlich bleibt.
Stéphane Séjourné – Exekutiv-Vizepräsident für Wohlstands- und Industriestrategie (angehört, Entscheidung steht aus)
Séjourné bekennt sich zur Korrelation zwischen Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit, ohne jedoch Details zu nennen, wie dies erfolgreich umgesetzt werden kann. Weiters betont er, durch den Clean Industrial Deal “Quality Jobs” und weitere soziale Ziele zu fördern. Er gibt keine Klarheit über Größe und Funktionsweise des Competitiveness Funds. Außerdem fehlen klare Zusagen von ihm zu Maßnahmen, um sowohl die industrielle Dekarbonisierung als auch die Produktivität zu beschleunigen. Er spricht sich für mehr Koordination auf EU-Ebene, strategische Industriepolitik und gemeinsame Tools aus. Ebenso zeigt er sich offen dafür, Resilienz und Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung zu verankern. Er ist bereit für Diskussionen bei sozialen und ökologischen Konditionen, betont aber auch die Schwierigkeiten bei der dafür benötigten Harmonisierung von Gesetzgebungen und Autonomie von Regionen und Gemeinden. Bei der Kreislaufwirtschaft soll es sich laut Séjourné vor allem um die Angebotsseite handeln. Er möchte sich momentan ans Verbrennermotor-Aus 2035 halten, erinnert aber auch an die Revision im Jahr 2026, ohne konkreter zu werden, was das bedeuten könnte.
Christophe Hansen - Landwirtschaft und Ernährung
Das EEB hebt zwei gute Antworten hervor. Einerseits sind potenziell große (und lang erwartete) Veränderungen für die Agrarpolitik der EU in Sicht. Auch bekennt sich Hansen zu einigen Ergebnissen des positiven Strategischen Dialogs. Zwei schlechte Antworten sind: Trotz des Titels „Lebensmittel“ lehnte Hansen die Notwendigkeit neuer Rechtsvorschriften für Lebensmittelsysteme ab, was einen großen Rückschritt gegenüber den Versprechen des Green Deal darstellt. Zur Reduktion von landwirtschaftlichen Emissionen hat er nur technische Lösungen angeboten.
Dan Jørgensen - Energie und Wohnungsbau
Das EEB freut sich, dass Energie und Wohnungsbau in einer Generaldirektion sind- es sind ebenso soziale wie klimapolitische Themen. Jørgensen ist sich der Notwendigkeit einer europäischen Politik bewusst, die gleichzeitig Emissionen und sozioökonomische Ungleichheiten reduzieren kann. Das EEB begrüßt, dass er anerkennt, dass Klimaschutzmaßnahmen die Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen verringern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit verbessern können. Das EEB kritisiert jedoch, dass Jørgensen die Tür für Kernenergie und kleine modulare Reaktoren (SMR) als Teil der EU-Klimapläne offengelassen hat. Auch wenn die Details noch unklar sind, sollte neue Kernenergie nicht von der EU unterstützt werden.
Jessika Roswall - Umwelt, Wasserresilienz und wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft
Das EEB begrüßt Roswalls Engagement, wichtige Initiativen voranzutreiben, von der Fertigstellung des Bodenüberwachungsgesetzes über die Aktualisierung der prioritären Wasserschadstoffe bis hin zur Umsetzung der Water Resilience Strategy und der Überarbeitung von REACH für Chemikalien. Ihr Fokus auf die Durchsetzung von Gesetzen für Wasser, Natur und Ökodesign ist entscheidend. Die Vereinfachung von Vorschriften (Deregulation) sollte jedoch kein Vorwand sein, um den Umweltschutz zu schwächen - eine starke Regulierung ist eine große Chance, keine Belastung. Schlecht ist, dass Roswall in ihrem Versuch, fraktionsübergreifend zu wirken, feste Zusagen zur Verteidigung grundlegender Umweltstandards oder zur Sicherung eines speziellen Naturfonds im nächsten EU-Haushalt schuldig blieb. Sie versäumte es, Ziele für die Eindämmung des übermäßigen Ressourcenverbrauchs festzulegen, die Reduzierung und Wiederverwendung von Ressourcen zu fördern oder Zeitpläne für den Ausstieg aus PFAS und das Verbot der Ausfuhr hochgefährlicher Chemikalien vorzulegen. Alles Politiken, die noch von der letzten Kommissions-Periode offen sind. Roswalls Fokus auf die „Vereinfachung“ der EU-Gesetzgebung und ihre vagen Antworten auf Verpflichtungen lassen Zweifel an ihrem Engagement für den Green Deal und an der Glaubwürdigkeit der EU als Vorreiterin bei der Bewältigung globaler Krisen aufkommen.
Wopke Hoekstra - Klima, Netto-Null und sauberes Wachstum
Das EEB begrüßt die Verpflichtung zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen und die Notwendigkeit eines gerechten Übergangs. Schlecht ist Hoekstras Weigerung, sich auf Energieeffizienzziele für die Zeit nach 2030 zu verpflichten, und seine Offenheit für Klimalösungen wie CCS drohen die Klimaziele der EU zu gefährden. Negativ wird auch bewertet, dass er behauptet, die Existenz von Landwirt:innen schützen zu wollen, doch indem er die Notwendigkeit einer grundlegenden Umgestaltung des Agrarsektors nicht anerkennt, riskiert er nicht nur, die EU-Klimamaßnahmen zu untergraben, sondern er wird auch die Existenzen der Landwirt:innen nicht schützen können. Außerdem behauptet Hoekstra, auf die Wissenschaft zu hören, hält aber an seinem falschen Glauben an das entlarvte Konzept des nachhaltigen unbegrenzten Wachstums fest. Endloses Wirtschaftswachstum ist nicht nur umweltzerstörerisch, sondern auch wirtschaftlich nicht machbar.
Valdis Dombrovskis - Wirtschaft und Produktivität, Umsetzung und Vereinfachung
Es war ermutigend zu hören, dass Vereinfachung nicht gleichbedeutend mit Deregulierung ist und dass die hohen Sozial- und Umweltstandards nicht gefährdet werden. Das EEB begrüßt auch, dass der Schwerpunkt auf die Umsetzung und Durchsetzung gelegt wird, da eine mangelhafte Umsetzung die Wirksamkeit der EU-Umwelt-, Klima- und Gesundheitsvorschriften seit langem beeinträchtigt. So beziehen sich beispielsweise immer noch 20% aller Vertragsverletzungsverfahren auf die Umweltpolitik. Das EEB ist jedoch besorgt darüber, dass der Notwendigkeit eines weiteren Next-Generation-Fonds zur Mobilisierung öffentlicher Gelder zur Bewältigung der sozialen und ökologischen Krisen wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.