EEB: Bewertung der Rede zur Lage der Union
Die Rede Ursula von der Leyens zur Lage der EU hinterlässt den Anschein, dass es zahlreiche Fortschritte bei der Umsetzung des European Green Deals gäbe und dass Versprechen eingehalten worden wären. Die Realität sieht jedoch anders aus. Die Versäumnisse von nicht entworfenen Rechtsvorschriften in Bezug auf Landwirtschaft, Natur und schädlichen Chemikalien sind offensichtlich.
Patrick ten Brink, Generalsekretär des EEBs merkt an, dass Von der Leyen gekonnt die bereits festgelegten Ziele verschleiert und von ihren Versprechen hinweggetäuscht hat. Ten Brink ist aber zuversichtlich, dass die EU die Transformation mit dem richtigen Engagement erreichen kann. Die junge Generation hat ein Recht darauf.
Auch Faustine Bas-Defossez, Direktorin der Abteilung Nature, Health and Environment im EEB, kritisierte die „Heuchelei“ Von der Leyens. Die EU-Kommissionspräsidentin gäbe vor, die Versprechen in Bezug auf Erfolge in der Land- und Forstwirtschaft, in den Bereichen Lebensmitteln und Chemikalien eingehalten zu haben. Die notwendigen, aber verspäteten Rechtsvorschriften bedrohen die Durchsetzung des European Green Deals und untergraben seine Ziele in der Klimaneutralität und Biodiversität. Es sei an der Zeit, die Versprechen nicht nur einzuhalten, sondern zu erweitern. Die Kosten eskalieren aufgrund der Versäumnisse des European Green Deals. Diese absehbaren unverantwortbaren politischen Entscheidungen würden den Wähler:innen noch lange im Gedächtnis bleiben.
Das EEB sieht folgende Versprechen des EGD bis jetzt als unferfüllt:
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Zukunft ohne Giftstoffe: Die PFAS-Skandale haben gezeigt, dass eine nachlässige Reform bei der Chemikalienverordnung Leid und Krankheit verursacht. Die EU sollte weltweit führend in giftstofffreier Produktion werden.
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Nachhaltige Lebensmittel: Das EU-Konzept „Vom Erzeuger zum Verbraucher“ verpflichtet zu einer Gesetzgebung für nachhaltige Lebensmittel. Es liegt in unserer Aufgabe einen lebenswerteren Planeten zu schaffen. Das Versprechen, das aktuelle Lebensmittelkonzept zu ändern, bleibt ungelöst. Es verursacht weiterhin Umweltverschmutzung, unzureichende Lebensmittelversorgung und Ungleichheit.
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Energiebesteuerung: Die derzeitige Gesetzgebung passt nicht zu den Energiemärkten und lässt die Dekarbonisierungsziele der EU unerreicht. Die Inflation hat die realen Mindeststeuerbeträge stark gesenkt, sodass sich Umweltverschmutzung weiterhin finanziell lohnt.
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Energiewende: Zugeständnisse an die Wasserstoff- und Atomindustrie geben dem Profit der Energiekonzerne Vorrang vor Erneuerbaren Energien und der Modernisierung der Netze. Es sollte sich verstärkt auf erneuerbaren Strom konzentriert werden.
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Kritische Rohstoffe: Die EU will die Abhängigkeit seltener Erden von ausländischen Zulieferern verringern. Es fehlen jedoch verbindliche Verpflichtungen, die das Zustimmungsrecht der Indigenen Bevölkerung einholen müssten.
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Wiederherstellung der Natur: Während Von der Leyen über die Bedeutung der Natur und der Ökosysteme spricht, hat das Europäische Parlament ihre Gesetzgebung ausgehöhlt. Die Europäische Kommission, der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament müssen die angestrebten Ziele des Nature Restauration Law wiederherstellen.
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Zugang zu Gerichten: Trotz Zusagen hat die EU den Zugang zu Gerichten in den Mitgliedsländern für Umweltangelegenheiten nicht durchgesetzt. Außerdem wurde der Zugang zu Gerichten für Vorschläge zu „Fit for 55“ nicht eingeführt. Dies hat zur Folge, dass die Industrie gegenüber der Umweltpolitik begünstigt wird.
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Tierschutz: Die Kommission hat sich verpflichtet, die Tierschutzgesetze zu aktualisieren, aber ist dieser Verpflichtung nicht nachgekommen, obwohl 1,4 Millionen Bürger:innen die Initiative "End the Cage Age" unterstützen.
Die Durchsetzung des European Green Deals befindet sich in einer kritischen Phase. Während ihre Rede zur Lage der EU großes Engagement vermittelt, lassen sich im Rahmen ihrer Politik Verzögerungen, Versäumnisse oder Verwässerungen in der Kommission, im Rat und im Parlament feststellen.
Das EEB fordert Von der Leyen auf, die Kommission mit dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union für die Durchsetzung des Europäischen Green Deals zu verpflichten und sich mit der Wissenschaft, den Bürgern, innovativen, systemverändernden Unternehmen und der Jugend zu verbünden.