EEB: EU-Klimapaket „Fit for 55“ reicht für 1,5-Grad-Ziel nicht aus

Andrej Vizjak, Minister für Umwelt und Raumplanung von Slowenien, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, erklärte anlässlich eines informellen Treffens im slowenischen Brdo pri Kranju zum Fit-for-55-Paket: „Was die Einrichtung eines speziellen Emissionshandelssystems für Verkehr und Gebäude angeht, wurden ziemlich viele Vorbehalte geäußert“.

In einer 30-seitigen Analyse setzt die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch den Fokus auf die Aufschlüsselung des 55-Prozent-Ziels mit Blick auf CO2-Senken, die Reform des Europäischen Emissionshandels, die Anpassung der EU-Klimaschutzverordnung (Effort Sharing, ESR), die Anpassung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie sowie der Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien. Schließlich wird auch die Einführung eines CO2-Grenzausgleichsystems beleuchtet.

Das European Environmental Bureau (EEB) gelangtin seiner Analyse zu dem Schluss, dass sich die Europäische Union zwar in die richtige Richtung bewege, aber das Paket für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels nicht ausreiche. Aus gesellschaftlicher Sicht sei es überdies „nicht gerecht“.

Der deutsche Naturschutzbund (NABU) rückt die Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) in den Mittelpunkt: Das Ziel, natürliche Kohlenstoffspeicher wiederherzustellen und zu expandieren, soll zwar von 225 Megatonnen auf 310 Megatonnen CO2-Äquivalent erhöht werden. Es dürfe aber die erforderliche CO2-Reduktion in der Wirtschaft nicht ersetzen, warnte der NABU.

Der Umweltverband Transport & Environment (T&E) beschäftigt sich intensiver mit den Verkehrsaspekten des Pakets wie die Verordnung über CO2-Standards für neue Pkws und leichte Nutzfahrzeuge sowie die „ReFuelEU Aviation“-Initiative für nachhaltigere Kraftstoffe im Luftverkehr. Die Unterstützung für E-Kerosin sei besonders wichtig, da es nach Einschätzung von T&E der einzige Kraftstofftyp sei, der nachhaltig ist und den Kraftstoffbedarf des Sektors decken kann. Dabei forciere die EU-Kommission zwar die Verwendung von fortschrittlichen Biokraftstoffen und E-Kerosin (sustainable aviation fuels, SAFs) für Flugzeuge. Die Teilziele von 0,7 Prozent im Jahr 2030 und 5 Prozent im Jahr 2035 seien jedoch zu niedrig.

Kritisch äußerte sich auch das Climate Action Network (CAN) Europe. Demnach seien die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Ambitionsniveaus, zum Beispiel für die Lastenteilung, für den „alten“ Emissionshandel (Industrieanlagen, Energiesektor) und den „neuen“ Emissionshandel (Heizen und Kühlen von Gebäuden, Straßenverkehr) sowie für LULUCF, zu gering, um die Erderhitzung auf durchschnittlich 1,5 Grad zu begrenzen. CAN Europe begrüßte zwar den Vorschlag eines Klimaschutz-Sozialfonds, denn die Unterstützung der Schwächsten einer Gesellschaft sei unerlässlich, aber der Fonds werde nicht ausreichen. Die sozioökonomische Situation einkommensschwacher und energiearmer Haushalte könne nicht allein durch Klimapolitik angegangen werden, mahnte CAN Europe.

In einem Briefing betonte die Organisation für Umweltstandards ECOS, dass Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen stammen müsse und nur in Sektoren wie der Schwerindustrie, der Luftfahrt und dem Seeverkehr sinnvoll eingesetzt werden. Die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED3) sollte nur Verweise auf Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen enthalten und ein Zertifizierungssystem anbieten, das klar, transparent und kohärent mit dem Ziel der Richtlinie ist. Die Richtlinie über die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID) schließlich sollte einen klaren Rahmen für die öffentliche Ladeinfrastruktur in der gesamten EU setzen und sicherstellen, dass intelligentes Laden auf breiter Basis eingeführt wird, sobald die entsprechenden Standards dies erlauben.

 

Euractiv: EU ministers attack plans to extend carbon pricing to heating, transport 

Euractiv: German industry worried about EU carbon market reform, sceptical of CBAM

Germanwatch: Das Fit-for-55-Paket: Startpunkt für die Umsetzung des EU-Klimaziels 2030 (pdf)

NABU: Fit for 55: Wie die EU das Klima schützen will. Schärfere Regelungen und trotzdem zu wenig (Eintrag vom 14. Juli) 

T&E: What the EU climate plan means for shipping emissions  

T&E: What the EU climate plan means for national targets  

T&E: What the EU climate plan means for aviation in the ETS   

T&E: What the EU climate law means for jet fuel's tax exemption

T&E: What the EU's climate plan means for aviation fuel 

T&E: What the EU's climate plan means for vans 

T&E: What the EU's climate plan means for car CO2 emissions

CAN Europe’s rapid assessment of the ‘Fit for 55’ main files

‘Fit for 55’? Here is how it can truly be a game-changer in hydrogen, electric cars and heating – ECOS briefing

DNR: Mitgliedstaaten formulieren Empfehlungen für Ausbau der ökologischen Landwirtschaft

Benchmarks for a social ‘Fit For 55’ package