EEB: Wissenschaftler:innen fordern sofortige Maßnahmen gegen chemische Verschmutzung in EU-Gewässern

In einem offenen Brief fordern die unterzeichnenden Expert:innen die Europäische Kommission, die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament auf, dem Zustand der europäischen Süßgewässer in den anstehenden Trilog-Verhandlungen Priorität einzuräumen und die Umweltziele der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zu wahren. Süßwasser- und Küstenlebensräume sind lebenswichtige Hotspots der biologischen Vielfalt, die wichtige Dienstleistungen wie Trinkwasser, Nahrung und Erholung erbringen. Der Mensch hat diese Ökosysteme jedoch stark geschädigt, so dass die Populationen von Süßwasserarten seit 1970 aufgrund von Lebensraumverlust und Verschmutzung um 85 % zurückgegangen sind. Heute befindet sich weniger als die Hälfte der europäischen Gewässer in einem guten Zustand und seit 2010 hat sich der Zustand der Gewässer kaum verbessert. Die jüngste Eurobarometer-Umfrage ergab, dass 78 % der Europäer:innen über die Wasserverschmutzung und die Auswirkungen von Chemikalien auf ihre Gesundheit und ihr tägliches Leben besorgt sind und stärkere Maßnahmen auf EU-Ebene wünschen. Die im Jahr 2000 verabschiedete Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist nach wie vor das wichtigste EU-Gesetz zum Schutz der Süßwasser- und Küstenökosysteme durch ein integriertes Konzept der Wasserwirtschaft. Wissenschaftler argumentieren jedoch, dass die in der WRRL vorgesehenen Maßnahmen zur Überwachung, Berichterstattung und Verschmutzungskontrolle aktualisiert werden müssen, um dem aktuellen Ausmaß der chemischen Verschmutzung und ihren Auswirkungen auf die aquatische Artenvielfalt Rechnung zu tragen. Die derzeitigen Überwachungspraktiken konzentrieren sich auf eine begrenzte und veraltete Liste von Schadstoffen und berücksichtigen nicht die komplexen chemischen Mischungen, die in europäischen Flüssen häufig vorkommen, selbst wenn einzelne Stoffe als sicher gelten.

Die Sachverständigen begrüßen die laufende Aktualisierung der Wasserrahmenrichtlinie und der damit verbundenen Richtlinien, betonen jedoch, dass Regulierungsmaßnahmen erforderlich sind, um neue wissenschaftliche Instrumente wie die wirkungsorientierte Überwachung und das Nichtziel-Screening einzuführen. Diese Instrumente können dazu beitragen, die kumulativen Auswirkungen von Chemikalien auf das Leben im Wasser zu bewerten, müssen aber in die EU-Verordnungen integriert werden. Die Wissenschaftler betonen, dass eine verstärkte Überwachung zwar Investitionen erfordert, dass aber die Kosten der Untätigkeit - Verlust der biologischen Vielfalt, Verunreinigung des Trinkwassers und die Notwendigkeit kostspieliger Sanierungsmaßnahmen - die Ausgaben bei weitem überwiegen. Die unterzeichnenden Wissenschaftler fordern die politischen Entscheidungsträger auf, aktuelle Normen für die Wasserverschmutzung zu verabschieden, um den Schutz der europäischen Süßwasserökosysteme für künftige Generationen zu gewährleisten.

Over 450 scientists rally for immediate action against ‘forever chemicals’ in EU waters