Eine neue politische Agenda für Europa nach dem Coronavirus

4. Dez 20

In dem aktuellen Bericht „Dem Laufband für Wachstum und Beschäftigung entkommen: Eine neue politische Agenda für Europa nach dem Coronavirus“ zeigt das EEB zum einen dramatische wirtschaftliche und soziale Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, zum anderen auch die Voraussetzungen und Möglichkeiten, gerade infolge der Pandemie zu einer sozial und ökologisch vertretbareren Wirtschaftsform zu finden.

Dieser gemeinsame Bericht des Europäischen Umweltbüros und des Europäischen Jugendforums enthält einen politischen Entwurf für die Schaffung von Arbeitsplätzen in einer EU nach der Pandemie und eine Vision für die Revolutionierung der Zukunft der Arbeit, einschließlich universeller Grundeinkommen, kürzerer Arbeitswochen, Jobsharing, Arbeitsplatzgarantien und Wirtschaftsdemokratie.

In diesem Bericht wird eine Alternative zur „Rückkehr zur Normalität“ dargestellt, ohne mit den gleichen Bedingungen wie vor der Krise nach maximalem Wirtschaftswachstum zu streben. Dabei wird das Wirtschaftssystem mit einem Laufband verglichen. Demnach arbeiten die Arbeitnehmer unermüdlich, um die Produktivität und damit das Wirtschaftswachstum zu steigern und ihren Arbeitgebern die maximale Rendite zu bieten. Die Einstellungen am Laufband werden im Namen der Rentabilität ständig verbessert. Dies bedeutet, dass die Arbeiter*innen immer schneller rennen müssen, um in der gleichen Position zu bleiben. Viele verlieren an Boden und einige werden kurzerhand auf der Strecke gelassen, während die Gewinne ihrer Arbeit nach oben rinnen.

Dabei zeigen die Autor*innen dramatische Fakten auf, welche die Notwendigkeit dieses Übergangs umso verständlicher machen:

- Das Streben nach endlosem Wirtschaftswachstum tötet die biologische Vielfalt, treibt den Klimawandel voran und verursacht Umweltzerstörung.

- Die Ausweitung der Wirtschaftstätigkeit um 3% bedeutet, jedes Jahr mehr als die gesamte Weltwirtschaft von 1970 hinzuzufügen.

- Das Wirtschaftswachstum erfordere die Umwandlung von Naturkapital in Produkte und menschliche Beziehungen in Dienstleistungen, „aber es gibt kaum noch etwas zu konvertieren“, so die Autor*innen.

- Das endlose Angebot an neuen Märkten, neuen Bedürfnissen und neuen Wünschen sei ein Wunschtraum.

Der Übergang zur Arbeit in einer Post-Corona-Wirtschaft würde es ermöglichen, uns auf die Dinge zu konzentrieren, die wirklich wichtig für uns sind. Wir benötigen mehr Jobs, die für wesentlich sind für das Funktionieren und Gedeihen der Realwirtschaft und nicht die Wirtschaft, die durch die Linse des Börsenwerts dargestellt wird. Für die Arbeitnehmer*innen würde dies mehr Sicherheit und Autonomie bedeuten, wesentlich mehr Kontrolle über ihr Leben. Das Wirtschaftswachstum bedeutet nicht, sicherstellen zu können, dass alle Bedürfnisse erfüllt werden. Es würde mehr Zeit bedeuten, mit unseren Lieben und lieb gewonnenen Dingen zu verbringen, mit Dingen und Tätigkeiten, für die wir unter der Woche zu beschäftigt und am Wochenende zu erschöpft waren.

 

Nachhaltiger Wohlstand

Für unsere Umwelt würde dies weniger Druck, weniger Abfall und eine echte Chance zur Dekarbonisierung der Wirtschaft bedeuten. Dies würde bedeuten, dass mehr Energie in die Arbeit geleitet wird, die unsere Ökosysteme regeneriert, und weniger auf Ökosysteme zerstörerisch wirkende Energie. Es würde eine echte Chance für junge Menschen und zukünftige Generationen bedeuten, einen Planeten zu bewohnen, der nicht durch das unermüdliche Streben nach mehr und mehr beschädigt wird.

„Die in diesem Bericht vorgestellte Analyse mag radikal, politisch nicht durchführbar oder zumindest weit außerhalb des politischen Mainstreams erscheinen. Die aktuelle Krise stellt uns jedoch vor ein radikales Problem, das radikale Lösungen erfordert. Wir haben die einmalige Gelegenheit, aus den verheerenden Fehlern der Vergangenheit und Gegenwart zu lernen“, so die Autor*innen.

„Wir müssen Lehren ziehen und uns an der Vision einer gerechteren und umweltfreundlicheren Wirtschaft orientieren“, schrieb Prof. Tim Jackson, Zentrum für das Verständnis von nachhaltigem Wohlstand (CUSP), in dem Vorwort zu dem Bericht. „Lebensgrundlagen sind wichtig. Nicht nur für die reichsten in der Gesellschaft, sondern für uns alle. Arbeit ist wichtig. Nicht nur als Produktionsmittel, sondern als eine Investition in den Aufbau der Gesellschaft. Arbeit ist wichtig. Nicht nur als Mittel zum Einkommen, sondern als eine greifbare Manifestation unseres Engagements für eine kollektive Zukunft. Dies sind die Lehren aus diesem zeitnahen und wesentlichen Bericht.“

Die Autor*innen des Berichts tätig waren Katy Wiese vom EEB, Jan Mayrhofer (Youth Forum/YFJ), Nick Meynen und Lucie Susova. In einer Online-Veranstaltung mit Patrizia Heidegger, der Leiterin Globale Politik (EEB), Jackson und anderen hochrangigen Vertreter*innen der europäischen Institutionen, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft wurde der Bericht am 15. November präsentiert.

 

Escaping the growth and jobs treadmill

Report Launch: Escaping the growth and jobs treadmill – 25 November