Energiegemeinschaften im zukünftigen österreichischen Strommarkt

16. Juli 20

Österreich ist wie alle EU Mitgliedsstaaten verpflichtet, einen geeigneten Regulierungsrahmen für Bürgerenergie- und Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften zu schaffen, mit dem die europäischen Richtlinien in nationales Recht übergeführt werden. Dabei gestehen die EU-Richtlinien den Mitgliedsstaaten einen gewissen Handlungsspielraum bei der konkreten Ausgestaltung des nationalen Rechtsrahmens zu, der von Österreich möglichst umfassend genutzt werden muss.

Beide Formen der Energiegemeinschaften stellen einen freiwilligen Zusammenschluss von natürlichen Personen, öffentlichen Stellen bzw. lokalen Behörden (inkl. Gemeinden) oder Kleinunternehmen dar. Sie produzieren und nutzen Strom gemeinschaftlich und können dabei den von einer Energiegemeinschaft erzeugten Strom auch über das öffentliche Netz unter ihren Mitgliedern verteilen. Bürgerenergiegemeinschaften können über die Erzeugung und Speicherung von Energie auch in der Verteilung und Versorgung sowie als Anbieter von Energieeffizienzdienstleistungen tätig sein. Bürgerenergie- und Erneuerbaren Energiegemeinschaften (EE-Gemeinschaften) stellen nicht auf die Erzielung von Gewinn im betriebswirtschaftlichen Sinn ab, sondern haben die Schaffung ökologischer, wirtschaftlicher oder gemeinschaftlicher Vorteile für die Mitglieder oder die Stärkung von regionalen Versorgungskonzepten.

Als wesentliche Vorteile von Energiegemeinschaften hat die EEÖ angeführt:

• Schaffung von Akzeptanz durch aktive Beteiligung der Bevölkerung

• Mobilisierung von privatem Kapital

• Wirtschaftliche Stärkung des ländlichen Raums

• Optimierung des energiewirtschaftlichen Gesamtsystems, indem Strom erzeugt wird wo er benötigt wird, Sektorkopplung

• Flexibilitätspotenziale der Mitglieder können aktiv genutzt werden

• Durch Dezentralität entsteht Robustheit gegenüber Störungen

Erforderliche Rahmenbedingungen

Bei der Ausgestaltung des rechtlichen Rahmens von Energiegemeinschaften in Österreich sollen zahlreiche Aspekte berücksichtigt werden.

Zunächst ist die Umsetzung von Bürgerenergie- und Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften so einfach wie möglich zu gestalten und nicht etwa durch bürokratische Hemmnisse oder komplexe organisatorische bzw. wirtschaftliche Anforderungen unnötig zu erschweren. Eine laufende Überwachung der Entwicklung soll die Bewertung der Rahmenbedingungen ermöglichen, um etwaige Hemmnisse rasch abbauen zu können. Dabei muss für bestehende Energiegemeinschaften Rechtssicherheit für bereits getätigte Investitionen sichergestellt werden.

Für die erfolgreichen Etablierung von Energiegemeinschaften ist die beratende Unterstützung durch neutrale Ansprechpartner unbürokratisch und weitgehend kostenlos zur Verfügung zu stellen. Eine Beratungsstelle sollte rechtliche und energiewirtschaftliche Beratungen anbieten, Best Practice-Beispiele und Musterverträge ausarbeiten und zur Verfügung stellen und als Clearingstelle bei Fragen bzw. Rechtsunsicherheiten zur Verfügung stehen.

Im Sinne einer praktikablen Umsetzbarkeit sollte eine weitgehende Harmonisierung des Rechtsrahmens von Bürgerenergie- und EE-Gemeinschaften angestrebt werden und nur insofern unterschieden werden, wie dies durch die Vorgaben der europäischen Richtlinien zwingend erforderlich ist.

Der Hauptzweck von Bürgerenergie- und EE-Gemeinschaften stellt nicht die Gewinnerzielung im betriebswirtschaftlichen Sinn dar, sondern die Schaffung ökologischer, wirtschaftlicher oder gemeinschaftlicher Vorteile. Aufgrund der hohen organisatorischen Anforderungen ist es in begrenztem Umfang dennoch erforderlich, dass Energiegemeinschaften unternehmerisch tätig sein können, Rücklagen aufgebaut werden können und die Anstellung bzw. Beauftragung fachkundiger Personen/Unternehmen möglich ist. Ausschließlich über ehrenamtliche Mitglieder sind Energiegemeinschaften nicht effizient abwickelbar.

Die Wahl der Rechtsform der Energiegemeinschaft sollte unter Wahrung der europäischen und nationalen Randbedingungen den (zukünftigen) Mitgliedern und Anteilseignern überlassen bleiben und nicht durch ein enges Korsett an Vorgaben eingeschränkt werden - insbessondere sind Rechtsformen als Verein, Genossenschaft, oder GmbH zu ermöglichen.

Die Vermarktung des von den Energiegemeinschaften erzeugten Strom soll innerhalb der Gemeinschaft wie auch am Markt möglich sein. Durch Kontrahierung eines Lieferanten außerhalb der Gemeinschaft sollen beispielsweise fehlende Energiemengen beschafft, die Vermarktung von Überschussmengen durchgeführt und das Bilanzgruppenmanagement übernommen werden können. Dabei sollen für einen Zählpunkt unterschiedliche Lieferanten möglich sein bzw. soll dieser unterschiedlichen Bilanzgruppen zugeordnet werden können.

Bei den ersten Pilotprojekten und den „First Mover“ dürfen keine finanziellen Nachteile entstehen. Neben der Unterstützung durch einen neutralen Ansprechpartner ist insbesondere auch ein finanzieller Anreiz (direkte Anreizförderungen, zeitlich befristete steuerliche Erleichterungen) zu schaffen bzw. eine besondere Berücksichtigung und Erleichterung beim Zugang zu Förderungen sicherzustellen.

Erneuerbare Energie Österreich