Energiewende: Bundesländer müssen noch auf Klimaneutralitätskurs einschwenken

26. März 21

Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) und die Österreichische Energieagentur präsentierten diese Woche den ersten Teil der Studie „Klima- und Energiestrategien der Bundesländer“. Auf Ebene der Bundesländer zeichne sich bei Betrachtung der historischen Entwicklungen der untersuchten Faktoren Stromaufbringung, Energieeffizienz und Treibhausgasemissionen laut EEÖ ein sehr deutlicher Aufholbedarf ab.

„Bis 2030 sollen durch das EAG zusätzlich 27 TWh erneuerbarer Strom in Österreich produziert werden. Bis 2040 will Österreich klimaneutral sein. Zur Erreichung der Klimaschutz-Ziele des Bundes sind auch die Bundesländer in der Pflicht, dringend Maßnahmen zu setzen, um die Energiewende zu schaffen“, betont Christoph Wagner, Präsident des EEÖ den unaufschiebbaren Handlungsbedarf. „Bisher ist zu wenig passiert und es geht deutlich zu langsam voran. Nachdem mit dem Erneuerbaren Ausbaugesetz die bundesweite Grundlage für 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren gerade in die Zielgerade einbiegt, müssen nun auch die Bundesländer rasch in die Gänge kommen. Die Detailanalyse zeigt ganz klar: an den Potenzialen scheitert es nicht.“

Günter Pauritsch, Leiter des Centers Energiewirtschaft, Infrastruktur & Energiepartnerschaften bei der der Österreichischen Energieagentur und Studienautor, schlägt in die selbe Kerbe: „Die Österreichische Energieagentur hat in der Studie die Bereiche Stromaufbringung, Energieeffizienz und Treibhausgasemissionen untersucht. Aus den Ergebnissen ergibt sich ein eindeutiges Bild: Die Potenziale für den Ausbau erneuerbarer Energie sind vorhanden, und das 27 TWh-Ziel der Bundesregierung ist mit den richtigen Rahmenbedingungen definitiv machbar.“ Die Betrachtung der Entwicklung der Bundesländer zeichne allerdings ein ernüchterndes Bild und zeigt auf, dass sich die Dynamik deutlich verändern muss, so Pauritsch.

Energieverbrauch stark angestiegen

Seit 1990 ist der End-Energieverbrauch (EEV) in Österreich um 48 % sehr stark angestiegen. Spitzenreiter des Verbrauchszuwachses ist im Hinblick auf den Verbrauchszuwachs (61 %) wie auch auf den Energieverbrauch pro Person Niederösterreich, das auch mit 70 TWh den höchsten EEV (23 %) aller Bundesländer hat. Am wenigsten angestiegen ist der EEV in Vorarlberg (34 %). Den geringsten Energieverbrauch pro Person hat mit 20 MWh Wien. Die letzten 15 Jahre in den Fokus genommen, konnte allein in Wien und Salzburg eine Trendumkehr erreicht werden.

Der Anteil fossiler Energie am Energieverbrauch in Österreich beträgt immer noch 67 %, der Anteil erneuerbarer Energie ist im Zeitraum 2005 bis 2018 von 24 % auf 33 % gestiegen. Obwohl Niederösterreich und Oberösterreich in absoluten Zahlen die größten Mengen an erneuerbarer Energie produzieren, liegen beide beim prozentuellen Anteil nur im österreichischen Mittelfeld. Am höchsten ist der Anteil Erneuerbarer Energie mit 55 % in Kärnten, gefolgt von Burgenland und Salzburg (je 48 %), am geringsten ist er in Wien (9 %).

Österreich: seit 21 Jahren Nettostromimporteur

Seit dem Jahr 2000 ist Österreich ein Nettostromimporteur. 2018 lag der Nettostromimport bei 12 %. Das Burgenland ist das einzige Bundesland, das seinen Nettostromimport Saldo deutlich verbessern konnte. Es hat mit 0,7 TWh (37 % des Stromverbrauchs) auch relativ den größten Anteil an Stromexporten. Wien, Steiermark, Oberösterreich und Vorarlberg verbrauchen mehr Strom, als sie erzeugen. Oberösterreich wurde vom Stromexporteur zum Bundesland mit der drittgrößten Importmenge; nur Wien und die Steiermark importieren noch mehr Strom.

Anstieg der Treibhausgasemissionen

Während in den meisten europäischen Ländern in den letzten 30 Jahren der Treibhausgasausstoß abgenommen hat, ist er in Österreich um 5 % gestiegen. Die Haupt-Emissionsverursacher (2017) sind Industrie (32 %), Verkehr (29 %) und Energie (13 %). Am stärksten gestiegen ist der CO2-Ausstoß im Burgenland (19 %), knapp vor dem Tirol (18 %). Nur in Niederösterreich sind sie um 1 % gesunken. In absoluten Zahlen sind die Treibhausgasemissionen in Ober- und Niederösterreich mit Abstand am höchsten. Am stärksten konnte die Emission in Kärnten (14 %) und in der Steiermark (13 %) gesenkt werden, mit 2% Rückgang verzeichnete Oberösterreich die wenigsten Fortschritte.

2005 wurden alle Treibhausgasemissionen, die nicht vom Emissionshandel betroffen sind, zusammengefasst. Für sie hat die Europäische Kommission Reduktionsziele für die einzelnen Mitgliedstaaten festgelegt. Österreich muss bis 2030 seine Emissionen um 36 % reduzieren. Seit 2005 wurden sie bis 2017 insgesamt um 9 % gesenkt. Der bedeutendste Sektor beim Nicht-Emissions-Handel ist der Verkehr (45 %).

„Wird das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz optimal umgesetzt, ermöglicht es Investitionen von 30 Milliarden Euro in die heimische Wirtschaft und schafft etwa 100.000 Arbeitsplätze“, erklärt Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des EEÖ. „Der Weg zur Klimaneutralität (inkl. Wärme- und Verkehrswende) erhöhen diese positiven Effekte für den heimischen Wirtschafts- und Arbeitsmarkt noch deutlich. Doch die besten rechtlichen Grundlagen auf Bundesebene bringen nichts, wenn nicht auf Bundesländerebene die Blockaden beseitigt werden. Denn dort werden die Projekte realisiert, dort sind sie verortet und erhalten die Genehmigungen zur Umsetzung. Schlussendlich entscheiden die Bundesländer, ob die Energiewende gelingt oder nicht“, so Prechtl-Grundnig.


Dachverband zur Förderung nachhaltiger Energie in Österreich