EU-Kommission bereitet Staaten auf einen „Versorgungsschock“ beim Gas vor

In einem am Mittwoch, 18. Mai verabschiedeten Strategiepapier fordert die Europäische Kommission die EU-Mitgliedstaaten auf, ihre Vorbereitungen für eine „vollständige Unterbrechung der russischen Gaslieferungen“ zu verstärken. Nachdem Russland bereits im April die Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien unterbrochen hat, sollen die EU-Mitgliedstaaten nun auf einen umfassenden „Versorgungsschock“ vorbereitet werden.

Während frühere Maßnahmen, die im Herbst verabschiedet wurden, auf eine Situation mit anhaltend hohen Gaspreisen abgestimmt waren, „könnte es sich lohnen, im Falle einer plötzlichen, großflächigen oder sogar vollständigen Unterbrechung der russischen Gaslieferungen, die zu untragbar hohen Gaspreisen und einer unzureichenden Gasversorgung führt, ein anderes Maßnahmenpaket in Betracht zu ziehen“, hielt die EU-Kommission in dem Entwurf des Strategiepapiers fest.

Regulierter Höchstpreis für Erdgas

Darin wird an erster Stelle der geplanten neuen Maßnahmen ein direkter Markteingriff mit „einem regulierten Höchstpreis für Erdgas, das an europäische Verbraucher:innen und Unternehmen geliefert wird (EU-Preisobergrenze)“, heißt es in dem Entwurf, welcher dem Nachrichtenportal EURACTIV vorliegt.

Allerdings haben EU-Abgeordnete und Wissenschaftler:innen vor einer Preisbegrenzung gewarnt, weil dadurch die Speicher geleert würden und Unternehmen keinen Anreiz hätten, ihre Vorräte aufzufüllen. „Auf den Gasmärkten sind die kurzfristigen Spotpreise über die Gasspeicher an die langfristigen Zukunftspreise gekoppelt“, erklärte Lion Hirth, Assistenzprofessor für Energiepolitik an der Hertie School in Berlin. „Wenn die Regierungen eine zukünftige Preisobergrenze ankündigen, haben die Unternehmen keinen Anreiz, die Gasspeicher zu füllen, sondern ganz im Gegenteil.“

Seit Mitte März wird Erdgas zu einem Preis von rund 100 Euro pro Megawattstunde (MWh) gehandelt. Das entspricht einem Anstieg um das Siebenfache gegenüber den langjährigen Durchschnittspreisen. Aufgrund der Lieferengpässe aus Russland erreichen Spitzenwerte sogar die 200 Euro/MWh-Marke. Der allgemeine Anstieg der Strompreise ist weitgehend durch die Reservestromerzeugung aus gasbefeuerten Kraftwerken bedingt.


EURACTIV: Brüssel schwört EU-Länder auf einen „Versorgungsschock“ beim Gas ein