EU-Kommission: Clean Industrial Deal

Der Deal konzentriert sich hauptsächlich auf zwei eng miteinander verbundene Sektoren: energieintensive Industrien und saubere Technologien. Energieintensive Industrien benötigen Unterstützung bei der Dekarbonisierung und Elektrifizierung. Der Sektor ist mit hohen Energiekosten, globalem Wettbewerb und komplexen Vorschriften konfrontiert, die seine Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Saubere Technologien sind das Herzstück künftiger Wettbewerbsfähigkeit und künftigen Wachstums und entscheidend für den industriellen Wandel. Die Kreislaufwirtschaft ist ebenfalls ein zentrales Element des Deals, da die begrenzten Ressourcen der EU optimal genutzt und die übermäßigen Abhängigkeiten von Rohstofflieferanten aus Drittländern verringert werden müssen. Der Deal dient als Rahmen für maßgeschneiderte Maßnahmen in bestimmten Sektoren. Als Schlüsselkomponente des Deals hat die EU-Kommission einen Aktionsplan für erschwingliche Energie vorgelegt, um strukturell hohe Energiekosten zu senken. Die Kommission wird im März einen Aktionsplan für die Automobilindustrie und im Frühjahr einen Aktionsplan für die Stahl- und Metallindustrie vorlegen. Weitere maßgeschneiderte Maßnahmen sind für die chemische und die Clean-Tech-Industrie geplant.

Finanzierung

Laut der EU-Kommission sollen in der EU hergestellte saubere Technologien von Finanzierungsprogrammen, Garantien für risikoreiche Investitionen und nationalen Steueranreizen profitieren. Kernstück des neuen Deals ist die geplante Industrielle Dekarbonisierungsbank, die mit 100 Milliarden Euro ausgestattet werden soll. Die Mittel sollen über zehn Jahre hinweg durch eine Kombination verschiedener Finanzquellen bereitgestellt werden – darunter 20 Milliarden Euro aus dem Innovationsfonds, 30 Milliarden Euro freiwillige Beiträge der Mitgliedstaaten sowie ein Zehntel der Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten im Rahmen des EU-Emissionshandels (ETS). Weitere Gelder sollen aus dem InvestEU-Programm stammen, fügte Klimakommissar Wopke Hoekstra hinzu. Zusätzlich plant die EU-Kommission für dieses Jahr eine Pilotauktion über eine Milliarde Euro zur Dekarbonisierung zentraler Industrieprozesse in verschiedenen Sektoren. Mit dem bestehenden System der EU-Wasserstoffbank können nationale Regierungen Unternehmen finanziell unterstützen, die in EU-Auktionen gut abschneiden, aber dennoch keine Förderung erhalten. Neue Beihilferegeln zur schnelleren Einführung erneuerbarer Energien, zur Dekarbonisierung der Industrie und zur Förderung sauberer Technologien sollen im Juni 2025 in Kraft treten. Auch die Europäische Investitionsbank wird eine wichtige Rolle spielen: Sie soll das Risiko für Investitionen in die Produktion von Komponenten für Stromnetze senken und Gegengarantien für Stromabnahmeverträge kleiner und mittlerer Unternehmen sowie energieintensiver Industrien bereitstellen.

Europäische Präferenzkriterien

Ein besonders umstrittener Teil des Plans ist der Vorschlag der EU-Kommission, dass europäische Unternehmen im Vergabemarkt der EU bevorzugt werden sollen – eine Maßnahme, die voraussichtlich auf scharfe Kritik nicht-europäischer Firmen stoßen wird. Insbesondere sieht der Clean Industrial Deal „europäische Präferenzkriterien“ für bestimmte „strategische Sektoren“ vor. Diese Kriterien sollen in einer Überarbeitung des EU-Rahmens für öffentliche Beschaffung im Jahr 2026 festgelegt werden.

Position der Umweltschutzorganisation EEB

Während das Gesetzespaket den Green Deal nicht zum Scheitern bringt, schwächt es dessen ganzheitlichen Ansatz und nutzt die Wettbewerbsfähigkeit als falschen Vorwand, um inakzeptable Zugeständnisse an Umweltverschmutzer zu rechtfertigen, warnt das Europäische Umweltbüro (EEB). Die Rhetorik der EU-Kommission hat sich gewandelt. Vor sechs Jahren wurde der Europäische Green Deal von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Rede an alle Europäer:innen als „Mann auf dem Mond“ gepriesen. Heute scheint die Erzählung vor allem auf energieintensive Industrien und große Unternehmen zugeschnitten zu sein. Industriepolitik sollte jedoch das öffentliche Interesse in den Vordergrund stellen, nicht nur die Forderungen der Industrie.

Die wichtigsten Erkenntnisse des EEB - Clean Industrial Deal

Das EEB bewertet es als gut, dass es sich um ein starkes Instrument für die Dekarbonisierung der Industrie handelt. Der Deal stärkt zwei wichtige Triebkräfte für die Umwandlung energieintensiver Industrien: Elektrifizierung mit erneuerbaren Energien und Kreislaufwirtschaft.

Schlecht ist der begrenzte Geltungsbereich, der nur die energieintensive Industrie begünstigt. Er stellt „Produktivitätswachstum“ als einzige Priorität dar und behandelt energieintensive Industrien als exklusiven Club, der jede politische und finanzielle Unterstützung der EU verdient. Kritisiert wird auch, dass ein ‚sauberes‘ Abkommen, das die Umweltverschmutzung ignoriert, ein Widerspruch ist. Die chemische Industrie entzieht sich der Kontrolle, da sie keine Pläne zur Entgiftung, Überwachung oder Sanierung ihrer Prozesse und Standorte hat. Schlecht ist auch, dass die vorgeschlagenen langfristigen jährlichen Investitionen in Höhe von 480 Milliarden Euro und die ausdrücklich genannten ungefähren Finanzierungsverpflichtungen in Höhe von 207 Milliarden Euro weit hinter dem zurückbleiben, was benötigt wird. Durch eine Entscheidung in letzter Minute wurde die Bekanntgabe der 2040-Klimaziele, die Teil dieses Pakets sein sollten, verschoben.

Als mittelmäßig beurteilt das EEb, dass im Plan die Kreislaufwirtschaft zu Recht als ein Kernelement genannt wird. Das Ziel, bis 2030 „weltweit führend“ in der Kreislaufwirtschaft zu werden, ist jedoch vage. Weiters wird vom EEB als gut und schlecht bewertet, dass Beihilfen für die Kernenergie den Wettbewerb auf dem EU-Elektrizitätsmarkt über Jahrzehnte hinweg verzerren und damit grundlegende Bestimmungen des EU-Vertrags untergraben könnten. Die Ausweitung des Mechanismus zur Anpassung der Kohlenstoffgrenzwerte (CBAM) auf weitere Sektoren, nachgelagerte Produkte und indirekte Emissionen ist ein Schritt hin zu einem faireren Wettbewerb für die Netto-Null-Industrie der EU. Europa muss jedoch noch höhere Ziele verfolgen. Der Plan verpflichtet sich zwar, die Arbeitnehmer beim industriellen Übergang zu unterstützen, aber sein Fokus ist zu eng. In der Mitteilung fehlen zusätzliche Vorschläge, wie z. B. Datenbanken oder Instrumente, um eine wirksame Überwachung zu gewährleisten und die öffentliche Rechenschaftspflicht beim industriellen Wandel zu verbessern.

 

Clean Industrial Deal: 100-Milliarden-Plan für Europas grüne Industrie

A Clean Industrial Deal for competitiveness and decarbonisation in the EU

“The Clean Industrial Deal hides dirty concessions”, NGOs say