EU-Länder lehnen Glyphosat-Verlängerung ab

Mitte Dezember 2022 läuft die aktuelle EU-Zulassung für Glyphosat als Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln aus. Anfang dieses Jahres hatte allerdings die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) erklärt, dass sie mehr Zeit für ihre Neubewertung des Pestizids benötige. Deshalb verschob sie diese auf Juli 2023, also sieben Monate nach dem eigentlichen Ablaufdatum der Zulassung.

In der Folge schlug die Europäische Kommission eine übergangsweise Verlängerung um ein Jahr vor, wie es der Rechtsrahmen vorsieht, und legte dies den EU-Mitgliedstaaten am 14. Oktober im Ständigen Ausschuss der EU-Kommission für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCoPAFF) vor. Vertreter:innen der Mitgliedstaaten haben sodann den Vorschlag der Europäischen Kommission blockiert, das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat übergangsweise um ein Jahr zu verlängern, bis eine neue Einschätzung der relevanten EU-Behörde vorliegt.

Ein Sprecher der EU-Kommission bestätigte jedoch gegenüber dem Internet-Nachrichtenportal EURACTIV, dass der Vorschlag nicht die erforderliche qualifizierte Mehrheit erreichte. Den Quellen innerhalb der Sitzung zufolge sprach sich zwar die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten für die Genehmigung aus. Luxemburg, Malta und Kroatien lehnten jedoch die Ausweitung der Genehmigung ab, wohingegen Frankreich, Deutschland und Slowenien sich der Stimme enthielten.

Die EU-Kommission wird das Dossier nun einem Berufungsverfahren unterziehen. Sollte auch im Berufungsausschuss keine Mehrheit zustande kommen, wird die Angelegenheit an das Kollegium der EU-Kommissare weitergeleitet, um die Regeln dann gegebenenfalls allein zu verabschieden.

Internationale Agentur für Krebsforschung: Glyphosat „wahrscheinlich krebserregend“

Die Debatte, ob Glyphosat als krebserregend eingestuft werden kann, stellt eine der zentralen Fragen im Hinblick auf das Herbizid dar. Dabei ist sie nicht nur zwischen den Interessengruppen, sondern auch innnerhalb der wissenschaftlichen Gemeinschaft und zwischen verschiedenen Behörden umstritten. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) konstatierte, dass es „unwahrscheinlich ist, dass es ein krebserregendes Risiko“ für Menschen darstelle, wenn es über die Nahrung aufgenommen wird. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation hingegen hat die Substanz als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.

Während die EU-Agenturen zuvor in der Vergangenheit festgestellt haben, dass es „keine Beweise“ für einen Zusammenhang zwischen der Verwendung von Glyphosat und einem erhöhten Krebsrisiko gibt, haben NGOs den Bewertungsprozess der Agenturen dafür kritisiert, dass er sich zu sehr auf von der Industrie in Auftrag gegebene Studien stütze und dabei langfristige Gesundheits- und Umweltrisiken ignoriert habe.

In Deutschland will die Bundesregierung die Verwendung von Glyphosat ab dem 1. Jänner 2024 verbieten und enthielt sich deshalb bei der Abstimmung im Brüsseler Komitee. Man habe nicht gegen die übergangsweise Verlängerung gestimmt, um der aus administrativen Gründen notwendigen Übergangsfrist nicht im Wege zu stehen, hieß es in einer Erklärung des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

Inhaltlich bleibt das Ministerium unter Führung des Grünen Cem Özdemir aber bei seiner Kritik an dem Herbizid. „Die Bundesregierung hält an dem erklärten europäischen Ziel fest, die Landwirtschaft nachhaltiger, ökologischer und damit zukunftssicherer zu machen“, heißt es in der Erklärung. Überdies betont das Ministerium in der Erklärung, dass Ernährungssicherheit nur mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt, einer intakten Umwelt und echtem Klimaschutz erreicht werden könne. Die Bundesregierung verfolge daher eine Agrarpolitik, die „Klimaschutz und biologische Vielfalt als Grundvoraussetzungen für eine nachhaltige Landwirtschaft anerkennt und berücksichtigt.“
 

Euractiv: EU-Länder lehnen Glyphosat-Verlängerung ab

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