EU-Meere stark überfischt

Nach einem Jahrzehnt der Erholung kam es in den letzten Jahren wieder zu einer deutlichen Überfischung in den an die Europäische Union angrenzenden Meeren: Mittlerweile sind 43 Prozent der bewerteten Fischpopulationen im Atlantik und sogar 83 Prozent im Mittelmeer überfischt.

In einem gemeinsamen Papier (Common Fisheries Policy: Mission not yet accomplished) zur „unvollendeten Mission“ der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) forderten die Organisationen BirdLife Europe, ClientEarth, The Fisheries Secretariat, Oceana, Our Fish, Seas At Risk und der World Wildlife Fund (WWF) nun die EU-Institutionen auf, die Vorgaben der GFP endlich zu erfüllen.

Neun Herausforderungen der Gemeinsamen Fischereipolitik

Das Bündnis hat insgesamt neun Herausforderungen identifiziert und im Anschluss daran auch Lösungsvorschläge entwickelt: Die Überfischung halte an, weil die Fangquoten die wissenschaftlichen Empfehlungen übersteigen. Immer noch ist das Mittelmeer das am meisten überfischte Meer der Welt. Wie weiters in dem Papier festgehalten wird, führe die Nichtbefolgung der Anlandeverpflichtung zu unbeabsichtigten Konsequenzen.

Nach wie vor hätten die Mitgliedstaaten keine geeigneten Managementmaßnahmen, die den schädlichen Einfluss von Fischereiaktivitäten auf Arten und Lebensräume reduzieren, kritisieren die NGOs. In den meisten Mitgliedstaaten fördern die geltenden Fangquoten eher große, industrielle Fischereibetriebe anstelle eine Reduktion schädlicher Praktiken.

Die EU fördere umweltschädliche Subventionspolitik im Fischereifonds (European Maritime Fisheries and Aquaculture Fund, EMFAF), hält das Bündnis in einem weiteren Punkt fest. Zudem sei der Regionalisierungsprozess (dazu gehören auch die mehrjährigen Fischereipläne) zutiefst fehlerhaft und ineffektiv, wenn es darum geht, nachhaltige Fischerei zu betreiben. Darüber hinaus seien die internen und externen Dimensionen der GFP nicht gut genug aufeinander abgestimmt. Die GFP hab keinen Bezug zur größten Herausforderung unserer Generation, stattdessen schweige sie zum Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Ökosysteme und die Resilienz der Meere, so die sieben Organisationen.

Bündnis: EU müsse Verpflichtungen endlich angehen

Ohne einen angemessenen Schutz der Ökosysteme riskiere die menschliche Gesellschaft ihre Existenz, denn die Zeit von „kleinen Schritten in die richtige Richtung“ sei endgültig vorbei, warnt das Bündnis. Vielmehr müsse die Europäische Union ihre eigenen und ihre internationalen Verpflichtungen endlich angehen. Laut Gesetzestext muss die EU-Kommission bis zum 31. Dezember 2022 einen Bericht erarbeiten, wie gut die GFP seit ihrer Einführung gewirkt habe. Die Verbände haben schon eine konstruktive Kritik zur Verbesserung der derzeitigen Politikpraxis vorgelegt.

Vorletzte Woche hat die Europäische Kommission die Fortschritte in der EU-Fischereipolitik bewertet, die Ausgangslage für die Fangmöglichkeiten für 2022 skizziert und ihre Einschätzung zur öffentlichen Kommentierung (Konsultation) freigegeben (EU-News 10.06.2021). Im August will die EU-Kommission die Ostseefangquoten vorschlagen, im September die für Mittelmeer und Schwarzes Meer, im Oktober die für Atlantik und Nordsee. Im Oktober und Dezember tagt der jährliche Fischereirat der Mitgliedstaaten, um zu den Fangquoten Stellung zu beziehen und diese zu beschließen.


Seas at Risk-Report: Common Fisheries Policy: Mission not yet accomplished

Pressemitteilung Oceana: Overfishing rate back on the rise after a decade of recovery

DNR: Gemeinsame Fischereipolitik versagt besonders im Mittelmeer