EU-Mercosur: Leak mit Lücken beim Klima- und Umweltschutz

15. Okt 20

Letzte Woche hat Greenpeace Deutschland den Verhandlungstext des Assoziierungsabkommens veröffentlicht, welches die EU und die vier Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay bereits am 18. Juni abgeschlossen hatten. Bei dem bisher unter Verschluss gehaltenen Assoziierungsabkommen handelt es sich um den übergeordneten Vertrag des EU-Mercosur-Abkommens. Seit Jahren steht das Abkommen in der Kritik, durch Zollsenkungen besonders klimaschädliche Branchen wie den südamerikanischen Agrarsektor und die Europäische Automobilbranche zu begünstigen.

Das EU-Mercosur-Abkommen sei ein „Brandbeschleuniger für den brasilianischen Urwald, da Umweltaspekte in dem Vertragstext nur nachrangig behandelt sind“, übt die Umweltschutzorganisation heftige Kritik an dem Abkommen. Anders als die Menschenrechte oder die Verpflichtung zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen fänden Umwelt und Klima darin keine besondere Berücksichtigung. Das EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen sehe nicht vor, dass Verstöße gegen Klima- und Umweltschutzvereinbarungen sanktioniert werden können, beklagt Greenpeace ebenso wie die jahrelange Intransparenz rund um das EU-Mercosur-Abkommen. Die Umweltschutzorganisation fordert ein vollständiges Aus für den klimaschädlichen Pakt in jeglicher Form.

Umwelt- und Klimaschutz würden stattdessen mit bloßen Absichtserklärungen bedacht. So werde das Pariser Klimaschutzabkommen lediglich begrüßt, und die Vertragsparteien riefen zu dessen rascher Umsetzung auf. Indessen fehlten konkrete Verpflichtungen und Maßnahmen ebenso wie klare Vorgaben für den Finanzsektor, Investitionen an Nachhaltigkeitskriterien zu koppeln, so dass zum Beispiel die Finanzierung einer klimaschädlichen industriellen Landwirtschaft weiterhin möglich ist, bilanziert die Organisation.

In einer ausführlichen Analyse des Dokuments weist Greenpeace auch darauf hin, dass der Text keine Kenntnis über das gesamte Assoziierungsabkommen zulasse. Denn es fehlten die Anhänge und Protokolle sowie vollständige Artikel zu verschiedenen inhaltlichen Bestimmungen. „Das Abkommen ist und bleibt ein ‘Autos für Kühe’ - Deal, der den Exportinteressen der EU dient. Der Verhandlungstext bestätigt: Umweltschutz ist hier zweitrangig“, fasste Jürgen Knirsch, Handelsexperte von Greenpeace, zusammen. „Dabei erfordert der Zustand des Klimas und der Verlust der Arten dringende Maßnahmen.“

Eine Reihe von Maßnahmen seien notwendig, um internationalen Handel auf faire, zukunftsfähige und umweltfreundliche Beine zu stellen, die erste Maßnahme sei die Ermöglichung von Sanktionen gegen Verstöße. „Dass die für Handel zuständige Generaldirektion der Europäischen Kommission nicht einmal zu diesem ersten Schritt bereit ist, ist entlarvend”, kritisiert Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte von Greenpeace in Österreich.

“Während Profit- und Handelsinteressen beinhart unter Androhung von Sanktionsmechanismen geschützt werden, widmen die Vertragstexte den Themen Klima- und Umweltschutz lediglich einige schön klingende Worthülsen. Das ist Handelspolitik wie aus dem letzten Jahrhundert und kommt einem Verrat an den Klimazielen von Paris und dem vollmundig verkündeten Green Deal der Europäischen Kommission gleich”, beklagt Theissing-Matei. “Es ist ein demokratiepolitischer Skandal, dass hier über Jahrzehnte hinter verschlossenen Türen ein Abkommen ausgehandelt wurde, das Klima- und Umweltschutz mit Füßen tritt. Offensichtlich haben die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten nichts aus der öffentlichen Kritik an der Intransparenz bei CETA und TTIP gelernt.”

 

Greenpeace - Presse

Greenpeace Deutschland: EU-Mercosur-Abkommen: Greenpeace veröffentlicht Verhandlungstext 

Greenpeace Deutschland: Das EU-Mercosur-Assoziierungsabkommen. Einordnung und Analyse des Verhandlungsdokuments vom 18. Juni 2020, das Greenpeace vorliegt      

Deutscher Naturschutzring (DNR)