EU-Parlament: EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur

Am 09.11.2023 erzielten die Unterhändler:innen des Parlaments und des Rates eine vorläufige politische Einigung über das EU-Naturschutzgesetz. Die Mitgesetzgeber einigten sich auf das EU-Ziel, bis 2030 mindestens 20 Prozent der Land- und 20 Prozent der Meeresflächen und bis 2050 alle sanierungsbedürftigen Ökosysteme wiederherzustellen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen die EU-Länder bis 2030 mindestens 30 Prozent der unter das neue Gesetz fallenden Lebensraumtypen, die sich in einem schlechten Zustand befinden, in einen guten Zustand versetzen, der bis 2040 auf 60 Prozent und bis 2050 auf 90 Prozent ansteigt.

Die Mitgliedstaaten müssen in einem offenen, transparenten und integrativen Prozess nationale Wiederherstellungspläne verabschieden, in denen sie darlegen, wie sie diese Ziele erreichen wollen. Im Einklang mit dem Standpunkt des Parlaments sollten die EU-Länder bis 2030 Regionen in Natura-2000-Gebieten Priorität einräumen. Die EU-Länder sollen dafür sorgen, dass sobald ein Gebiet einen guten Zustand erreicht hat, es sich nicht wesentlich verschlechtert. Um die Natur auf landwirtschaftlich genutzten Flächen wiederherzustellen, müssen die EU-Länder Maßnahmen ergreifen, die darauf abzielen, bis Ende 2030 und danach alle sechs Jahre eine positive Entwicklung bei zwei der folgenden drei Indikatoren zu erreichen: der Grünland-Schmetterlingsindex, der Anteil der landwirtschaftlichen Flächen mit Landschaftsmerkmalen von großer Vielfalt und der Bestand an organischem Kohlenstoff in den Mineralböden der Ackerflächen. Die Wiederherstellung entwässerter Torfböden ist eine der kosteneffizientesten Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen im Agrarsektor und zur Verbesserung der biologischen Vielfalt. Die EU-Länder müssen daher bis 2030 auf mindestens 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten organischen Böden, bei denen es sich um entwässerte Torfgebiete handelt, Wiederherstellungsmaßnahmen ergreifen. Die EU-Länder müssen außerdem den Rückgang der Bestäuberpopulationen bis spätestens 2030 umkehren und danach einen steigenden Trend erreichen, der mindestens alle sechs Jahre gemessen wird. Bis 2030 müssen die EU-Länder Maßnahmen ergreifen, um einen positiven Trend bei mehreren Indikatoren für Waldökosysteme zu erreichen. Gleichzeitig müssen in der EU drei Milliarden zusätzliche Bäume gepflanzt und mindestens 25 000 km Flüsse wieder zu frei fließenden Flüssen gemacht werden. Die EU-Länder müssen außerdem dafür sorgen, dass bis 2030 die Gesamtfläche der städtischen Grünflächen und die Baumkronen in städtischen Ökosystemen im Vergleich zu 2021 nicht abnehmen.

Innerhalb von 12 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung muss die Kommission jede Lücke zwischen dem Finanzbedarf für die Wiederherstellung und den verfügbaren EU-Mitteln bewerten und Lösungen zur Überbrückung einer etwaigen Lücke suchen. Die Verhandlungsführer einigten sich auch auf eine vom Parlament geforderte Notbremse, so dass die Ziele für landwirtschaftliche Ökosysteme unter außergewöhnlichen Umständen ausgesetzt werden können, wenn sie schwerwiegende EU-weite Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Flächen haben. Die Einigung muss noch vom Parlament und vom Rat angenommen werden. Danach wird das neue Gesetz im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt 20 Tage später in Kraft.

Position der Umweltschutzorganisation Umweltdachverband

„Trotz schmerzhafter Kompromisse freuen wir uns, dass die Appelle der Wissenschaft und der Naturschützer:innen Wirkung gezeigt haben: Für das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur wurde gestern Nacht im Trilog eine Einigung erzielt – eine wegweisende Entscheidung“, so Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes. „Wir begrüßen es besonders, dass konkrete Anforderungen zur Verbesserung der Natur auf landwirtschaftlichen Flächen und zur Wiederherstellung von Mooren und entwässerten Torfgebieten in die Vereinbarung aufgenommen wurden – zur Verringerung der Emissionen des Agrarsektors und zum Schutz und Erhalt der Artenvielfalt“, betont Maier. Einer der Punkte, der als Schlupfloch massiv missbraucht werden könnte, ist die sogenannte „Notbremse“, nach der die Bestimmungen für landwirtschaftliche Ökosysteme unter „außergewöhnlichen“ Umständen vorübergehend ausgesetzt werden können.  

Position der Umweltschutzorganisation EEB

Das EEB bewertet es positiv, dass alle ursprünglich unter das Gesetz fallenden Ökosysteme weiterhin in der Vereinbarung enthalten sind, jedoch wurden die Artikel im Vergleich zum ursprünglichen Vorschlag und zum Standpunkt des Rates abgeschwächt. Enttäuschend sind die vielen Ausnahmen und die übermäßige Flexibilität bei den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten. Der Geltungsbereich der terrestrischen Wiederherstellung wurde nicht ausschließlich auf Natura 2000-Gebiete beschränkt, sondern es wurden erhebliche Schlupflöcher hinzugefügt. Glücklicherweise wurden konkrete Anforderungen zur Verbesserung der Natur auf landwirtschaftlichen Flächen und zur Wiederherstellung von Mooren in die Vereinbarung aufgenommen. Das Gesetz, mit dem ursprünglich Maßnahmen zur Wiederherstellung von mindestens 20 Prozent der Natur an Land, in Flüssen und Meeren in der EU bis 2030 umgesetzt werden sollten, wurde zum Ziel einer Desinformations- und Panikmache-Kampagne. Infolgedessen wurden bei der Verabschiedung des Standpunkts des Parlaments zahlreiche Ziele verwässert. Viele Kompromisse und Zugeständnisse wurden gemacht, um allen Beteiligten entgegenzukommen.

Position der Umweltschutzorganisation Deutscher Naturschutzring

Florian Schöne, Geschäftsführer des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR) kommentiert: „Die Ergebnisse der Trilogverhandlungen zum Nature Restoration Law bringen Licht und Schatten. Es ist ein enorm wichtiges Signal, dass sich EU-Kommission, Rat und Parlament überhaupt auf einen Kompromiss für ein europäisches Renaturierungsgesetz einigen konnten, das alle Ökosysteme in- und außerhalb von Schutzgebieten beinhaltet. Gleichzeitig bedeutet das Verhandlungsergebnis ein Gesetz mit angezogener Handbremse. Zu viele Abschwächungen lassen Zweifel aufkommen, dass es tatsächlich in der Fläche Wirkung zeigen wird. Daher ist entscheidend, dass sich die EU bei der Bereitstellung von Finanzmitteln großzügig zeigt. Nur mit ausreichend attraktiven Rahmenbedingungen wird es gelingen, die Ziele zu erreichen und großflächig Renaturierungsmaßnahmen auf den Weg zu bringen.“

Umweltdachverband: EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur nimmt die nächste Hürde

Nature Restoration Law one step closer to becoming reality – but with loopholes

Kompromiss zum EU-Renaturierungsgesetz ist ein dringend überfälliger Teilerfolg

EU Nature restoration law: MEPs strike deal to restore 20% of EU’s land and sea