EU-Parlament: Zustimmung für Kommission „von der Leyen II“

Nach einer Aussprache mit Ursula von der Leyen über ihr neues Team und Programm wählten die Abgeordneten in namentlicher Abstimmung das gesamte Kollegium der Kommissar:innen. 370 Abgeordnete stimmten dafür, 282 dagegen und 36 enthielten sich. Es ist die zweite Amtszeit von Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin, nachdem die Abgeordneten im November 2019 ihre erste Kommission bestätigt hatten. Nach ihrer förmlichen Ernennung durch den Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit wird die neue EU-Kommission voraussichtlich am 1. Dezember 2024 ihr Amt antreten.

Vor der Abstimmung stellte Ursula von der Leyen ihr Team und ihr Programm vor. Dabei bestätigte sie die von den Abgeordneten im Rahmen des parlamentarischen Evaluierungsprozesses geforderten Ressortwechsel. „Wir sind bereit, uns sofort an die Arbeit zu machen“, sagte sie und betonte, dass sich ihre Kommission immer für Freiheit, Souveränität, Sicherheit und Wohlstand einsetzen werde. Von der Leyen kündigte an, dass die erste Initiative der Kommission ein Kompass für Wettbewerbsfähigkeit sein wird, um Europas Innovationslücke gegenüber den USA und China zu schließen, die Sicherheit und Unabhängigkeit zu erhöhen und die Dekarbonisierung voranzutreiben. Zum Europäischen Green Deal sagte sie: „Wir müssen und werden an seinen Zielen festhalten“. Sie sagte zu, ein Abkommen für eine saubere Industrie vorzulegen, einen strategischen Dialog über die Zukunft der europäischen Automobilindustrie einzuleiten, die Arbeit an einer wettbewerbsfähigen Kreislaufwirtschaft fortzusetzen und auf eine europäische Spar- und Investitionsunion hinzuarbeiten. Zu den andauernden Kriegen in der Ukraine, im Nahen Osten und in Teilen Afrikas sagte von der Leyen, dass „Europa in all diesen Bereichen eine stärkere Rolle spielen muss“ und betonte, dass es „mehr denn je gebraucht wird“. Die Stärkung unserer Sicherheit sei von entscheidender Bedeutung, sagte sie und forderte Europa auf, mehr für die Verteidigung auszugeben. In der anschließenden Debatte betonten einige Abgeordnete, dass die neue Kommission die Herausforderungen, vor denen Europa steht, schnell angehen müsse. Sie forderten die Kommission auf, die europäische Wettbewerbsfähigkeit angesichts des sich verschärfenden globalen Wettbewerbs zu verbessern, den Europäischen Green Deal umzusetzen, die Energieunabhängigkeit zu gewährleisten und eine Verteidigungsunion als Reaktion auf den anhaltenden Krieg in der Ukraine aufzubauen.

Position des Dachverbandes Deutscher Naturschutzring

Der Deutsche Naturschutzring begrüßt die Wahl der neuen EU-Kommission und mahnt an, den europäischen Green Deal jetzt effektiv und sozialgerecht umzusetzen. Die zweite EU-Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen muss dabei nicht nur für Planungssicherheit in Bezug auf den Green Deal einstehen, sondern auch die Prinzipien von Demokratie und Rechtstaatlichkeit verteidigen. Die Streitigkeiten um die Wahl der designierten EU-Kommissar:innen haben gezeigt, dass die Konservativen bereits mit Mehrheiten unter Beteiligung rechtsextremer Parteien liebäugeln. Ein zentrales Projekt der neuen EU-Kommission ist der Clean Industrial Deal für eine klimaneutrale und wettbewerbsfähige Industrie. Dieser Vorstoß kann nur gelingen, wenn die Klima- und Transformationsförderung an klare sozial-ökologische Bedingungen geknüpft wird. Europäische Gelder müssen außerdem den Technologien zugutekommen, die kostengünstig, klimaschonend und langanhaltend Emissionen senken, wie beispielsweise die Elektrifizierung und eine konsequente Kreislaufwirtschaft. Teil des Clean Industrial Deal muss auch ein ehrgeiziges Klima-Zwischenziel für 2040 sein. Um den dramatischen Verlust der biologischen Vielfalt effektiv einzudämmen, muss die neue EU-Kommission zudem ambitioniert auf den Empfehlungen des Strategischen Dialogs zur Zukunft der europäischen Landwirtschaft aufbauen. Sämtliche Fördermittel der EU-Agrarpolitik müssen konsequent auf die Honorierung klar definierter Umweltleistungen der Landwirtschaft ausgerichtet werden. Für die zügige Umsetzung des Weltnaturabkommens sowie der Ziele zur Wiederherstellung der Natur ist zudem ein eigenständiger EU-Naturschutzfonds notwendig.

Auch Euractiv berichtet über die neue EU-Kommission

Das Team der EU-Kommissionspräsidentin erhielt eine Mehrheit. Dies gelang trotz wochenlanger Streitigkeiten unter den wichtigsten politischen Gruppen des Parlaments, die die Zustimmung beinahe verzögert hätten. Die Kommission ist als einzige Instanz dafür verantwortlich, neue EU-Gesetzgebung zu initiieren. Eine zügige Bestätigung des neuen Teams verhindert somit einen Stillstand in Brüssel. Von der Leyen selbst wurde bereits am 18. Juli für eine zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin vom Parlament bestätigt. Auch die 26 Kommissar:innen wurden in den vergangenen Wochen einzeln von den zuständigen Parlamentsausschüssen genehmigt. Die letzte Hürde war jedoch die Bestätigung des gesamten Teams durch eine Abstimmung. Einige große nationale Delegationen der Parteien, auf die sich von der Leyen stützt deuteten an, dass sie die neue Kommission nicht unterstützen würden. Eine direkte Ablehnung hätte von der Leyen in ernste Schwierigkeiten gebracht. Die Mehrheit von 370 zu 282 Stimmen fiel im Vergleich zu früheren Ergebnissen knapp aus. Trotzdem kam die Mehrheit der Kommission aus einer breiten Koalition politischer Gruppen, darunter die meisten Mitglieder aus von der Leyens eigener EVP und die Sozialdemokraten (S&D). Die liberale Fraktion Renew Europe stimmte ebenfalls überwiegend zu. Auch Giorgia Melonis rechtskonservative Fratelli d’Italia (FdI), die einen bedeutenden Teil der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) stellt, unterstützte die neue Kommission. Rund die Hälfte der kleineren Grünen-Fraktion stimmte ebenfalls zu. Die SPD stellt die drittgrößte Delegation innerhalb der S&D-Gruppe nach ihren italienischen und spanischen Kollegen, die für die Kommission stimmten. In einer öffentlichen Erklärung vor der Abstimmung teilte jedoch der Vorsitzende der Europa-SPD, René Repasi, mit, dass seine Partei die Kommission nicht unterstützen werde. Auch die französischen Sozialdemokraten, die viertgrößte Delegation der S&D-Gruppe, unterstützten die neue Kommission nicht. Auf der konservativen Seite des Parlaments verweigerte Spaniens Partido Popular ihre Unterstützung.

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