EU-Richtlinie zur Bodenüberwachung angenommen

Am 23. Oktober hat das EU-Parlament die neue EU-Richtlinie zur Bodenüberwachung (Soil Monitoring Law) angenommen. 341 Abgeordnete stimmten dafür und 220 dagegen, wobei 571 Abgeordnete anwesend waren, das bedeutet, dass fast 60 % der Abgeordneten für die Annahme stimmten. Damit gibt sich die EU nach zähen Verhandlungen erstmalig ein Gesetz zum Monitoring des Zustands der Böden in Europa. Die Richtlinie soll zum übergeordneten Ziel gesunder Böden bis zum Jahr 2050 beitragen. Trotz zahlreicher, teils massiver Abschwächungen des Gesetzestextes sehen Umweltverbände in der Verabschiedung einen wichtigen Teilerfolg. Bei der Richtlinie handelt es sich um eine deutlich zurechtgestutzte Variante des ursprünglich von der EU-Kommission angekündigten Gesetzes zur Verbesserung der Bodengesundheit. Das Gesetz zur Bodenüberwachung wird demnächst im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt 20 Tage später in Kraft. Die EU-Länder haben dann drei Jahre Zeit, es in nationales Recht umzusetzen.

Inhalte der Richtlinie

Die Richtlinie sieht einen harmonisierteren Rahmen für die EU-weite Bodenüberwachung vor. Die Mitgliedstaaten sollen die Bodengesundheit anhand einheitlicher Bodenparameter (physikalische, chemische und biologische Parameter für jeden Bodentyp) und einer EU-Methodologie für die Beprobung beschreiben und bewerten. Dabei können sie auch auf bestehende nationale Methodologien zurückgreifen. Die Kommission will die Mitgliedstaaten durch die Stärkung ihres aktuellen EU-Bodenprobenprogramms LUCAS Soils unterstützen. Außerdem will sie finanzielle und technische Unterstützung anbieten. Die Richtlinie sieht keine direkten Verpflichtungen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft vor. Stattdessen sollen sich die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Unterstützungsmaßnahmen zur Bodenverbesserung anzubieten. Dazu zählen etwa erweiterte Angebote zu Schulungen oder externe Beratungen. Ebenso soll die Förderung von Forschung und Innovationen im Bereich Bodengesundheit verstärkt werden. Die Mitgliedstaaten müssen zudem innerhalb von zehn Jahren eine öffentliche Liste potenziell kontaminierter Standorte erstellen und dort alle inakzeptablen Risiken für Umwelt und menschliche Gesundheit beseitigen. Außerdem soll 18 Monate nach Inkrafttreten eine vorläufige Beobachtungsliste mit neuen Stoffen erstellt werden, die erhebliche Risiken für Böden, menschliche Gesundheit und die Umwelt darstellen. Explizit genannt werden hierfür Pestizide und die Ewigkeitschemikalien PFAS (Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen).

Weiters enthält das Gesetz einen Artikel über den Zugang zur Justiz, der hoffentlich einen guten Präzedenzfall für künftige Rechtsvorschriften darstellt. Darüber hinaus wird das Gesetz in etwa sieben Jahren evaluiert und überprüft, um seine Wirksamkeit im Hinblick auf die Erreichung des Ziels gesunder Böden bis 2050 zu bewerten, was dann hoffentlich Türen für eine weitere Stärkung öffnen wird.

Der Weg zu der Richtlinie

Verantwortlich für den Plan zur Überwachung der Gesundheit des europäischen Bodens ist unter anderen Martin Hojsík, ein slowakischer Liberaler und ehemaliger Greenpeace-Aktivist, der das Dossier irgendwie durch das gesamte Entscheidungslabyrinth der EU gesteuert hat. Hojsík verfasste 2021 einen nicht bindenden Antrag, in dem eine EU-weite Bodenstrategie gefordert wurde. Das Parlament unterstützte den Vorschlag und zwang die Kommission, zwei Jahre später einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten. Das Ziel war bescheiden: Jedes Land sollte den Zustand seines Acker- und Industriebodens messen, diese Daten weitergeben und verschmutzte oder geschädigte Gebiete identifizieren. Um mehr Zustimmung zu bekommen, milderte Hojsík die Formulierung des Vorschlags ab, gab den Regierungen mehr Flexibilität und stellte die Datenerhebung in den Fokus. Trotz der Ablehnung durch ihre Führung haben sich Dutzende von Konservativen aus der mächtigen Europäischen Volkspartei für den endgültigen Text ausgesprochen. Im Parlament sprachen Hojsík und seine Verbündeten nicht mehr vom „Bodenschutz“, der abstrakt klang, sondern stellten eine Verbindung zum Alltag her: sicherere Lebensmittel, saubereres Wasser, Widerstandsfähigkeit gegen Dürre. Die Gegner sind nicht verschwunden. Im Vorfeld der Abstimmung hatte Copa-Cogeca, die mächtige Lobby der Landwirtschafts- und Agrargenossenschaften in der EU, die Europaabgeordneten schriftlich aufgefordert, das Gesetz abzulehnen. Die Gruppe argumentierte, die neuen Vorschriften stünden im Widerspruch zu den Prioritäten der EU in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit und Vereinfachung und würden zu den bestehenden nationalen Bodenvorschriften noch mehr Bürokratie verursachen. Der größte deutsche Bauernverband prangerte das Gesetz als bürokratisch und kostspielig an. Dem endgültigen Text fehlen nun einige der ursprünglichen Ziele. Die Länder werden selbst entscheiden, wie sie die Böden überwachen und wie schnell sie auf Verunreinigungen reagieren. Das Ziel „gesunde Böden bis 2050“ bleibt ein Wunschtraum. Trotzdem ist das Bodengesetz ein Beispiel dafür, wie man in einem skeptischen Zeitalter eine grüne Maßnahme verabschieden kann: klein anfangen, allen zuhören, früh Kompromisse eingehen - und nie aufhören, Stimmen zu zählen.

Positionen von Umweltschutzorganisationen

Für Caroline Heinzel, Referentin für Bodenschutz des Europäischen Umweltbüros (EEB) ist es beruhigend, „dass sich die Mehrheit der Europaabgeordneten gegen Populismus und Desinformation gewehrt und sich heute für die Böden Europas eingesetzt hat.“ Die Verabschiedung der Richtlinie zeige, dass Fortschritte noch möglich seien. Das Gesetz zur Bodenüberwachung sei nicht so streng wie erforderlich, aber „ein erster Schritt in die richtige Richtung“, kommentierte Heinze die Abstimmung. Kristine De Schamphelaere, Referentin für Landwirtschaft beim Pestizid-Aktions-Netzwerk PAN Europe, ergänzte: Auch wenn noch viel mehr getan werden müsse, „haben die politischen Entscheidungsträger:innen heute einen ersten historischen Schritt unternommen, um die gemeinsame Grundlage anzuerkennen: Ohne gesunde, lebendige Böden gibt es keine Zukunft.“ Sie verwies zudem auf die zahlreichen Stimmen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Landwirtschaft und von tausenden Bürger:innen, welche auf die Verabschiedung der Richtlinie zur Bodenüberwachung gedrängt hatten. Wie auch bei anderen Gesetzgebungen wird der Erfolg der Richtlinie von einer wirksamen Umsetzung abhängen. Zwanzig Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU tritt sie in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt haben die EU-Länder drei Jahre Zeit, um die Richtlinie umzusetzen.

EU-Richtlinie zur Bodenüberwachung (Soil Monitoring Law) angenommen

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