ExpertInnen und Zivilgesellschaft zerreißen deutsches Klimapaket

26. Sept 2019

Kurz vor dem weltweiten Klimastreik am 20. September kam das deutsche Klimakabinett zusammen, um ein Klimapaket zu schnüren, mit dem Deutschland seinen Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Limits leisten sollte. Daraus wurde nichts. Nach mehr als 20-stündigen Verhandlungen haben sich CDU/CSU und SPD auf ein Paket geeinigt, das vom angekündigten "großen Wurf" weit entfernt bleibt. Dafür hagelte es Kritik aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft.

Unter anderem soll ab 2021 eine CO2-Bepreisung für die Sektoren Verkehr und Wärme eingeführt werden – als nationalen Emissionshandel. Als Einstiegspreis sind zehn Euro pro Tonne vorgesehen. Dieser Preis soll bis 2025 schrittweise auf 35 Euro steigen. BürgerInnen sollen im Gegenzug durch eine Senkung der EEG-Umlage entlastet werden und auch die Pendlerpauschale soll steigen. Ein weiterer Punkt ist das Verbot des Neueinbaus von Ölheizungen ab 2030.

Greenpeace Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaiser findet dafür klare Worte: „Ein lächerlich niedriger CO2-Preis, der Benzin und Diesel nur wenige Cent verteuert und zudem von einer höheren Pendlerpauschale wieder aufgehoben wird, suggeriert Klimaschutz, bleibt aber weitere zehn Jahre vollkommen wirkungslos.  Wer sich auf solche Maßnahmen verlässt, springt auch mit einer Plastiktüte als Fallschirm aus dem Flugzeug.“

Deutlich werden auch Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Campact, ClientEarth, Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Greenpeace, NABU, NaturFreunde, Umweltinstitut München, WWF und dem Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) in einer gemeinsamen Aussendung. Deutschland sei damit noch immer nicht auf einem Pfad zur Erreichung seiner bisher beschlossenen Ziele und Lichtjahre vom deutschen Beitrag zum 1,5-Grad-Limit von Paris entfernt. Grund für das Scheitern ist aus Sicht der Umweltverbände neben der Mutlosigkeit der Koalition vor allem die Blockadehaltung, die von Teilen der CDU und CSU gegen wirkungsvolle Gesetze und Preismechanismen aufgebaut wurde. Die Verbände fordern die Bundesregierung nun auf, bis zum Beginn der Weltklimakonferenz am 29. November und der Halbzeitbilanz der Großen Koalition ein deutlich verbessertes Klimapaket zu beschließen, das Deutschland in die Lage versetzt, die Klimaziele mit einem Puffer nach oben sicher zu erreichen.

Auch die Expertinnen und Experten des Wuppertal Instituts kritisierten das Paket in einer Aussendung. Trotz einer langen Liste von Einzelmaßnahmen werde die Summe der aufgeführten Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen, um die Klimaziele für 2030 zu erreichen. Zudem fehlten für die Zeit danach klare Impulse. Besonders ernüchternd seien die viel zu niedrigen Preise im nationalen Zertifikatehandel von anfangs nur 10 Euro proTonne CO2. Sie hätten mit sozial ausgewogenen Kompensationsmechanismen der Kern eines engagierten Klimaprogrammes sein müssen, würden aufgrund der geringen Höhe aber selbst unter Berücksichtigung des geplanten Anstiegs auf 35 Euro/Tonne CO2 bis 2025 kaum Lenkungswirkung entfalten.


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