Farm-to-Fork-Strategie: Für ein umweltfreundliches Lebensmittelsystem

22. Mai 20

Die Farm-to-Fork-Strategie wurde von der EU-Kommission zusammen mit der Biodiversitätsstrategie 2030 am Mittwoch veröffentlicht. Brüssel zufolge ergänzen sich beide Strategien, die zentrale Bestandteile des europäischen Grünen Deals sind und „bringen die Natur, Landwirt*innen, Unternehmen und Verbraucher*innen zusammen, um gemeinsam auf eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Zukunft hinzuarbeiten“.

Die Farm-to-Fork-Strategie zielt darauf ab, den Pestizideinsatz auf europäischen Farmen zu halbieren. Ziele zur Verringerung des Düngemitteleinsatzes um mindestens 20 Prozent und der Stickstoffbelastung sind ebenfalls enthalten. Des Weiteren soll der Verkauf von antimikrobiellen Mitteln für Nutztiere und Aquakultur um 50 Prozent bis 2030 reduziert werden.

Ein weiteres Ziel für 2030 ist die ökologische Bewirtschaftung von mindestens einem Viertel der landwirtschaftlichen Flächen in der EU. Außerdem schlägt die Kommission Maßnahmen vor, damit sich Verbraucher*innen über gesunde und nachhaltige Lebensmittel besser und einfacher informieren können.

Das EEB kritisiert, dass jedoch wenig darüber gesagt wird, wie wir unsere Ernährung gesünder und nachhaltiger gestalten können.

Celia Nyssens, Landwirtschaftsexpertin beim EEB, kommentierte die Pläne: "Die "Farm to Fork"-Strategie gibt eine willkommene Marschrichtung vor, aber die wirkliche Stunde der Wahrheit wird kommen, wenn die EU ihre Gemeinsame Agrarpolitik mit 60 Milliarden Euro pro Jahr aktualisiert. “

Und weiter: "Das Ziel, die Stickstoffbelastung aufgrund von der Verwendung von Düngemitteln zu reduzieren, ist begrüßenswert, aber bei weitem nicht ausreichend. Unsere Umwelt ist mit Stickstoffverschmutzung überlastet, und die EU muss mehr tun, um das Problem anzugehen, unter anderem durch den Beginn eines schrittweisen Ausstiegs aus der Verwendung aller synthetischen Düngemittel.“

"Am auffälligsten ist jedoch das Fehlen eines ernsthaften Versuchs, die Qualität der europäischen Ernährung zu verbessern und die Überproduktion und den Konsum von Fleisch- und Milchprodukten zu beenden. Wenn die europäischen Regierungen wirklich die öffentliche Gesundheit verbessern wollen, dann ist die Unterstützung der Landwirtschaft und des Konsums gesunder und nachhaltiger Lebensmittel ein großartiger Ansatzpunkt - in diesem Sinne ist diese Strategie eine wirklich verpasste Gelegenheit,“ so Nyssens.

In die gleiche Kerbe schlägt auch die Organisation Friends of the Earth Europe, die die fehlenden Maßnahmen zur Verringerung der Produktion sowie des Konsums von Fleisch, Eiern und Milchprodukten bemängelte. Außerdem kritisierte die Umweltschutzorganisation, dass die Kommission eine neue Generation von genetisch veränderten Organismen (GMOs) als Option in Betracht ziehe, um Nachhaltigkeit entlang der Nahrungsmittelkette zu verbessern.

Ähnliche harsche Kritik übte die EU-Sektion von Greenpeace, weil die Überproduktion und der massenhafte Konsum von Fleisch und Milchprodukten – hauptsächlich aus industrieller Massentierhaltung – weitergehen werde. Farm-to-Fork biete laut Greenpeace keine passenden Antworten, um diesem klima- und umweltschädlichen Problem zu begegnen.

Das EU-Büro der Umweltstiftung WWF wiederum bewertete die Strategie grundsätzlich positiv. Sie habe das Potenzial, die EU-Agrarpolitik grundlegend zu verändern. Auf Twitter bemängelte der WWF jedoch, dass Maßnahmen für eine nachhaltige Fischereipolitik und für nachhaltig produzierten Fisch und Meeresfrüchte gänzlich fehlten.

Dagmar Urban, politische Referentin bei ARCHE NOAH, stellt klar: „Damit die in der ‚Farm to Fork‘- und Biodiversitäts-Strategie genannten Ziele Früchte tragen, braucht es konkrete, verpflichtende Maßnahmen und Geld für Vielfalt – vom Saatgut bis zum Teller“, fordert ARCHE NOAH, Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt. Saatgut-Vielfalt leistet einen wesentlichen Beitrag zum Stopp der Biodiversitätskrise, von weniger Pestiziden auf dem Feld bis zu gesundem Essen auf dem Teller. Dieses Potential muss jetzt in Österreich und auf EU-Ebene genutzt werden. Und weiter: „Wir freuen uns, dass die EU-Kommission die zentrale Rolle von Saatgut in beiden Strategien anerkennt – leider folgen aus dieser Erkenntnis noch keine konkreten Maßnahmen. Die Situation bleibt angespannt: Das Recht auf Saatgut wird aufgrund der Patentierung von Pflanzen gefährdet und regionale, nicht standardisierte Sorten werden weiterhin in bürokratische Nischen verdrängt. Den schönen Worten müssen jetzt Taten folgen, um die Vielfalt von traditionellen und lokalen Sorten zu garantieren.“

Neben den Strategien hat die Kommission ihre eigene Analyse veröffentlicht, wie sich die Gemeinsame Agrarpolitik zu diesen Initiativen und dem Europäischen Grünen Deal im weiteren Sinne verhält. Diskussionen über die Reform der GAP finden seit Jahren statt, wobei die von der vorherigen Kommission vorgeschlagenen Reformen weit hinter ihren Umweltversprechen zurückbleiben. Befürworter*innen und Wissenschaftler*innen sind sich einig, dass es ohne eine grundlegende Umgestaltung der GAP unmöglich sein wird, die umweltpolitischen Ziele der Farm-to-Fork"- und Biodiversitätsstrategie 2030 zu erreichen.


Pressemitteilung der EU-Kommission

EU-Kommission: Fragen und Antworten zur Farm-to-Fork-Strategie

EU-Kommission: Communication: A Farm-to-Fork-Strategy for a fair, healthy and environmentally friendly food system

Pressemitteilung des European Environmental Bureau

Arche Noah: Farm-to-Fork und Biodiversitätsstrategie tragen ohne Saatgut Vielfalt keine Früchte

DNR: Farm-to-Fork-Strategie: Brüssel stellt Plan für nachhaltigere Landwirtschaft vor