Fiskalregel-Vorschlag der EU-Kommission: EEB befürchtet Lücken bei grünen Investitionen

Die Europäische Kommission hat Mitte letzter Woche ihren Diskussionsvorschlag zur Reform des EU-Fiskalrahmens vorgelegt. Im ersten Quartal 2023 soll der Gesetzgebungsvorschlag folgen. Nach Vorstellung der EU-Kommission soll der wirtschaftliche Steuerungsrahmen einfacher, transparenter und wirksamer werden. Es wird auf mehr nationale Eigenverantwortung und bessere Durchsetzung gesetzt, während der Steuerungsrahmen gleichzeitig Reformen und Investitionen ermöglicht.

Die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehenen Obergrenzen für die Neuverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) und 60 Prozent für die Gesamtverschuldung sollen laut Vorschlag der EU-Kommission weiter gelten. Demgegenüber soll die 1/20-Schuldenabbauregel, die eine Minderung der Schulden um fünf Prozent jährlich vorsieht, gestrichen werden. Eine Vertragsänderung wäre somit nicht nötig.

Auf Basis der Analyse zur Schuldentragfähigkeit will die EU-Kommission jedem Mitgliedstaat eine Analyse für die Haushaltsanierung vorlegen. Grundlage für die mittelfristigen Finanzpläne sollen nun die sogenannten Nettoprimärausgaben sein: die Ausgaben abzüglich Sondereinnahmen und abzüglich Zinszahlungen. Basierend auf der Kommissionsanalyse sollen die EU-Mitgliedstaaten dann ihren vierjährigen Haushaltsplan vorlegen. Mittels dieser Referenzpfade sollen hohe öffentliche Schulden auf realistische, schrittweise und nachhaltige Weise reduziert, die Schuldentragfähigkeit der EU-Mitgliedstaaten gesichert und Reformen für mehr Wachstum gefördert werden. Reform- und Investitionszusagen könnten eine längere Haushaltsanpassungsphase (maximal sieben Jahre) ermöglichen.

Mehr Flexibilität und härtere Sanktionen

Darüber hinaus soll die Staatsverschuldung stärker in den Fokus gerückt werden. Ein Haushaltsstrafverfahren könnte aufgrund einer hohen Schuldenquote des Landes gestartet werden, wenn ein EU-Mitgliedstaat von dem vereinbarten Ausgabenpfad abweicht. Dies war in der Vergangenheit lediglich wegen überhöhter Neuverschuldung möglich.

Künftig sollen nach Willen der EU-Kommission geringere finanzielle Strafzahlungen möglich sein, um diese eher verhängen zu können. Falls ein Mitgliedstaat seine Reform- und Investitionsverpflichtungen unzureichend umsetzt, kann die EU-Kommmission einen restriktiveren Anpassungspfad und bei Mitgliedstaaten des Euroraums zur Verhängung finanzieller Zahlungen führen.

Die EU-Kommission will ihren Legislativvorschlag im 1. Quartal 2023 vorlegen. Eine Aussprache der Finanzminister:innen bereits laut Europe:Table Anfang Dezember vorgesehen. Die EU-Kommission hofft auf eine Einigung, ehe die Mitgliedstaten ihre Haushaltspläne für 2024 vorlegen. Nur dann könnten die aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzten Schuldenregeln ab 2024 wieder in Kraft treten.

Umweltverbände befürchten infolge Schuldenbremse Investitionslücken im Klimaschutz

Umweltverbände sowie das European Environmental Bureau (EEB) fürchten infolge der Schuldenbremse Investitionslücken im Klimaschutz. Das EEB fordert deshalb unter anderem, grüne und soziale Investitionen von den Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts auszunehmen. Langfristig müsse es Vertragsänderungen hin zu einem Nachhaltigkeits- und Wellbeing Pact geben.

Das Orientierungspapier zur wirtschaftspolitischen Steuerung der EU schlage „einige willkommene“ Reformen vor, die sich auf die Vereinfachung und stärkere Durchsetzung der Haushaltsvorschriften konzentrieren, betont Katy Wiese, EEB-Policy Officer für den wirtschaftlichen Wandel. Allerdings: „Das Papier geht auf mehrere längst überfällige Reformen ein, schafft es aber nicht, den notwendigen Paradigmenwechsel herbeizuführen, um einen gerechten Übergang zu einer Wohlfahrtsökonomie zu ermöglichen“, erklärt Wiese. „Diese Reformen sind zwar positive Schritte in die richtige Richtung, aber gleichzeitig sind sie nur eine bloße Aktualisierung der bestehenden Regeln. Unsere Gemeinschaften und unser Planet brauchen einen radikaleren Schritt nach vorne, wie uns die zusammenlaufenden Krisen zeigen, mit denen wir derzeit konfrontiert sind. Diese neue Realität erfordert sinnvolle, transformative Veränderungen, daher besteht die Notwendigkeit eines insgesamt neuen Regelwerks“, so Wiese.

 

Nachhaltiger Schuldenabbau: Kommission schlägt Reform des wirtschaftlichen Steuerungsrahmens vor (europa.eu)

DNR-Steckbrief zur Reform des Fiskalrahmens

Reaktion EEB

Greenpeace - Pressemitteilung

DNR, EEB, Finance-Watch, Fiscal Future, E3G und FÖS - Pressemitteilung

DNR: Fiskalrahmenreform: Mehr Freiräume zum Schuldenabbau

EEB/META: ENABLING THE EU WELLBEING ECONOMY: WE NEED A NEW PACT, NOT A RULE TWEAK