GLOBAL 2000: Täuschung mit Ernährungssicherheits-Argument
In Österreich allein könnten 45 Millionen Brote gebacken werden, wenn die "ökologischen Vorrangflächen" (auch Brachflächen) der GAP für die Lebensmittelproduktion genutzt würden. Dieses Vorhaben könnte einen Beitrag zur Ernährungssicherheit in Europa und der Welt leisten. Dies behaupteten hauptsächlich konservative Entscheidungsträger:innen im Europaparlament. Wissenschaftler:innen kritisieren dieses Vorgehen. Sie warnen vor langfristigen negativen Auswirkungen auf die europäische Landwirtschaft durch den Rückgang der Artenvielfalt und die Beeinträchtigung der Ökosystemleistungen. Nach Ansicht der Wissenschaftler:innen wäre es sinnvoller und im Einklang mit der "Farm-to-Fork-Strategie", die vorhandene landwirtschaftliche Fläche verstärkt für die Lebensmittelproduktion zu nutzen und gleichzeitig die Subventionen für die Tierfutterproduktion zu reduzieren. Diese beansprucht derzeit über 60 Prozent der EU-Ackerflächen.
Trotzdem kam die EU-Kommission am 23. März 2022 den Forderungen der Lobbyisten und Politiker:innen nach. Den Mitgliedstaaten wurde durch eine Ausnahmeregelung ermöglicht, Brachflächen für die Produktion von Lebensmitteln und Futtermitteln zu nutzen, ohne auf die "Greening-Zahlungen" aus dem GAP-Fonds verzichten zu müssen. Ein Jahr später zeigen die Zahlen der EU-Kommission, dass 21 Mitgliedstaaten die Aussetzung der Greening-Auflagen nutzten. Durchschnittlich wurden 40 Prozent der Brachflächen in Agrarflächen umgewandelt. Mit Ausnahme des wallonischen Teils von Belgien wurden diese Flächen auch für den Einsatz von Pestiziden freigegeben. Allerdings wurden diese Brachflächen, entgegen den Versprechungen der Lobbyisten und Politiker:innen, kaum für den Anbau von Weizen genutzt. Die Hauptanbauarten waren Futtermittel wie Mais und Soja sowie die Ölsaat Sonnenblume, wie die EU-Kommission berichtet. In Österreich verringerten sich die artenreichen Brachflächen um 56 Prozent. Von den umgeackerten Öko-Flächen wurden nur 0,6 Prozent tatsächlich für den Weizenanbau genutzt. Der Rest der Fläche wurde für den Futtermittelanbau genutzt. Dies steht im Widerspruch zu den Argumenten der österreichischen Landwirtschaftsministerin im Jahr 2022. Sie behauptete, dass es weltweit an Getreide für die Lebensmittelhilfe mangelt.
Brachflächen-Nutzung für die Produktion von Lebensmitteln und Futtermitteln hat negative Auswirkungen auf Bienen, Vögel, Böden und das Klima. Das Argument der Agrar-Lobbyisten zur Ernährungssicherheit entlarvt sich als Täuschung, denn der Beitrag zur Ernährungssicherheit ist verschwindend gering. Die Auswirkungen auf Biodiversität, die Bauer:innen und das Klima jedoch enorm.
NGO-Analyse enthüllt: Agrar-Lobbyisten täuschen mit Ernährungssicherheits-Argument