BOKU-Analyse zeigt die größten Gefahren für Österreichs Lebensmittelversorgung

“Die Lebensmittelproduktion in Österreich hat gleich mehrere Achillesfersen, wie etwa die voranschreitende Klimakrise, der Verlust fruchtbarer Böden oder die Lebensmittelverschwendung. Die Coronakrise hat uns vor Augen geführt, dass unsere Lebensmittelversorgung auch im Krisenfall einwandfrei funktionieren muss. Die vorliegende Analyse verdeutlicht, welche Lehren die Bundesregierung jetzt aus der Krise ziehen muss”, sagt Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace in Österreich. Die von Greenpeace beauftragte BOKU-Analyse zeigt, dass etwa aufgrund der Klimakrise und zunehmenden Extremwetterereignissen wie Dürren Österreich schon ab 2035 mit Ertragseinbußen in der Landwirtschaft um 19 Prozent rechnen muss. Gleichzeitig landen bis zu einer Million Tonnen Lebensmittel jährlich im Müll, was österreichische Haushalte finanziell belastet und klimaschädliche Emissionen erzeugt. Auch der übermäßige Fleischkonsum bedroht die Versorgungssicherheit, denn rund 80 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen werden hierzulande für die Haltung von Nutztieren oder die Produktion von Futtermitteln genutzt. Dadurch gehen wertvolle Flächen verloren, auf denen gesunde Lebensmittel direkt für uns Menschen produziert werden könnten.

“Die Umstellung auf eine ökologische, kreislauforientierte sowie viel stärker regional ausgerichtete Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung, ist angesichts kommender Krisen unverzichtbar. Nur dann können wir uns in Österreich künftig mit ausreichend und gesunden Lebensmitteln selbst versorgen”, sagt Dr. Thomas Lindenthal, einer der beiden Autoren der wissenschaftlichen Analyse vom Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit an der Universität für Bodenkultur in Wien. Und weiter: “Das heißt unter anderem: wir müssen in Österreich die biologische Landwirtschaft ambitioniert ausbauen und einen nachhaltigen gesünderen Ernährungsstil etablieren. Das bedeutet unter anderem weniger Fleisch essen, dafür mehr biologisches, saisonales und regionales Gemüse und Obst, und generell KonsumentInnen den Griff zu umweltfreundlichen Produkten aus Österreich erleichtern. Beispielsweise, indem die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in allen Bereichen deutlich verbessert wird.”

Aber nicht nur ökologische Faktoren gefährden die Versorgungssicherheit. Auch die zunehmende soziale Ungleichheit macht es einkommensschwachen Haushalten schwerer, sich ausreichend gesund zu ernähren. Im Krisenfall kommen dann oft plötzliche Preissteigerungen hinzu. So zeigen etwa die Daten der europäischen Statistikbehörde Eurostat einen starken Anstieg der Kosten für frische Lebensmittel seit Beginn der Coronakrise. Lag die monatliche Teuerung für frische Lebensmittel EU-weit im Jänner noch bei 2,3 Prozent, waren es im April schon 7,6 Prozent. Daher ist eine sozialpolitische Unterstützung von einkommensschwachen Haushalten gerade im Hinblick auf Krisensituationen weiterhin unverzichtbar.

“Die Bundesregierung darf nicht länger zuwarten und muss jetzt Schritte für ein krisenfestes Lebensmittelsystem setzen”, so Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Theissing-Matei. In einem 10-Punkte-Plan für eine krisensichere Landwirtschaft fordert Greenpeace von der Bundesregierung, etwa eine verpflichtende Kennzeichnung für Lebensmittel nach Herkunft und Art der Produktion einzuführen, die Bio-Landwirtschaft bis 2030 auf 40 Prozent der Flächen auszuweiten und Anreize zu schaffen, dass der Fleischkonsum in Österreich bis 2030 halbiert wird.


ots Presseaussendung Greenpeace