Grundschleppnetzverbot in geschützter Tiefsee

Die Europäische Union hat am 15. September die Umsetzung der Tiefseeverordnung angekündigt. Konkret hat Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius verbindliche Maßnahmen angekündigt, um den Zugang zu 87 empfindlichen Gebieten für alle Grundfanggeräte in den EU-Gewässern des Nordostatlantiks zu sperren.
 
Das gesamte Sperrgebiet umfasst 16.419 Quadratkilometern in Tiefen unterhalb von 400 Metern. Das Verbot betrifft Schiffe mit bodenberührenden Fanggeräten, also Grundschleppnetzen, Dredgen, Stellnetzen, Grundlangleinen, Reusen und Fallen. Der angenommene Durchführungsrechtsakt gilt sofort für alle Schiffe aus EU-Mitgliedstaaten und Drittländern, welche in EU-Gewässern eingesetzt werden. Er tritt 20 Tage nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
 
Laut Tiefseeverordnung (EU) 2016/2336 gilt bereits seit 2016 ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei unterhalb von 800 Metern. Zudem verlangte die Verordnung, dass die Grundfischerei in Kaltwasserkorallenriffen, Tiefseeschwammansammlungen, Meeresbuchten und anderen Tiefseelebensräumen bis 2018 eingestellt sein sollte. Ab sofort sollen zumindest die 17 Prozent der Bereiche zwischen 400 und 800 Metern für zerstörerische Fischereipraktiken gesperrt, welche als Vulnerable Marine Ecosystems dem Schutz von gefährdeten Lebensräumen mit hoher Biodiversität dienen. Dies soll bei der Wiederherstellung empfindlicher Meeresökosysteme wie Kaltwasserkorallenriffen, Seebergen und Tiefseeverwerfungen helfen.
 
Umweltverbände begrüßten den Vorstoß
 
„Der Schutz dieser Ökosysteme ist ein wichtiger Schritt, um den Verlust der biologischen Vielfalt in unseren Ozeanen umzukehren und wird gleichzeitig einen Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels zu leisten“, sagte Andrea Ripol, Referentin für Meerespolitik von Seas At Risk. Ebenso begrüßten Sharkproject, Pro Wildlife, die Deutsche Stiftung Meeresschutz und die Deutsche Meeresstiftung diesen Schritt der EU-Kommission ausdrücklich. Zugleich kritisierten sie, dass die Umsetzung dieser Maßnahme vier Jahre länger als ursprünglich geplant gedauert habe. „Es war überfällig, dass die EU endlich den langfristigen Schutz dieser wichtigen und hochempfindlichen Ökosysteme umsetzt und nicht länger den kurzfristigen ökonomischen Interessen seitens einiger Fischereien unterordnet“, betont Sandra Altherr von Pro Wildlife.

Auch die Deutsche Stiftung für Meeresschutz zeigt sich erfreut. Sie sieht die Annahme des Vorschlages der Experten des International Council for the Exploration of the Sea (ICES) mit der größten Anzahl an Schutzgebieten als „die einzig richtige Entscheidung, wenn wir es mit dem Schutz dieser höchst gefährdeten, aber einzigartigen Lebensräume in der Tiefsee wirklich ernst meinen“, erklärt ICES-Meeresschutzexperte Ulrich Karlowski. „Denn die bodenberührende Fischerei zerstört für den Biodiversitätserhalt in den Ozeanen entscheidende Lebensräume“, so Karlowski.
 

EU-Kommission: Daily News 15/09/2022

Oceans und  Fischeries: End to bottom fishing on protected deep-sea ecosystems in EU waters 

Seas At Risk: European Commission takes bold steps to protect vulnerable marine ecosystems

Pro Wildlife et al.: EU stoppt zerstörerische Tiefsee-Fischerei

DNR: Endlich Grundschleppnetzverbot

Amtsblatt der Europäischen Union

DNR News