Hochrangiges politisches Forum für nachhaltige Entwicklung in New York

22. Aug 2019

Vom 9. bis 18. Juli fand in New York das diesjährige Hochrangige Politische Forum für Nachhaltige Entwicklung (High Level Political Forum/HLPF) der Vereinten Nationen statt. Das Forum tagt jährlich unter der Schirmherrschaft des Wirtschafts- und Sozialrats, und beinhaltet ein dreitägiges Ministersegment.

Die erste Sitzung dieses Forums fand am 24. September 2013 statt und ersetzte die Kommission für nachhaltige Entwicklung.

Das HLPF ist die wichtigste Plattform der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung und spielt eine zentrale Rolle bei der Verfolgung und Überprüfung der Agenda (für nachhaltige Entwicklung) 2030 und der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals/SDGs) auf globaler Ebene.

Alicia Bárcena, Generalsekretärin der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (ECLAC) stellte bei der Eröffnung klar, dass die Staaten die SDGs in ihre Haushaltsbudgets inkludieren und einplanen müssen. Auch müsste die Datenlage und -erfassung verbessert werden: Differenzierungen nach verschiedenen Kriterien (z. B. Geschlecht und Alter) und Personengruppen (z. B. indigene Völker) seien genauso wichtig wie die Ergänzung der regulären Daten zur Messung des SDG-Fortschritts mit „inoffiziellen“ Daten wie Umfragen und Indizes, um Datenlücken zu füllen, die Genauigkeit bei der Messung zu verbessern und höhere Rechenschaftspflicht der Regierungen zu gewährleisten (community-based data). Neben einer starken Einbindung von nationalen Parlamenten sei auch eine effektivere Kommunikation der SDGs ein Schlüssel zum Erfolg. 

Als Teil und sozusagen Herz der Folge- und Überprüfungsmechanismen ermutigt die Agenda 2030 die Mitgliedstaaten, „regelmäßige und umfassende Überprüfungen der Fortschritte auf nationaler und subnationaler Ebene durchzuführen, die von den Ländern geleitet und ländergesteuert sind“.  Das heißt, es sollen regelmäßig freiwillig und von staatlicher Seite Überprüfungen durch das HLPF durchgeführt werden, sowohl von Industrie- als auch von Entwicklungsländern. Es soll aber auch eine Plattform für Partnerschaften bieten, wie auch zivilgesellschaftliche Organisationen aus allen Bereichen eingeladen werden. Auch zwei VertreterInnen von SDG Watch Österreich waren Teil der österreichischen Delegation und verfolgten aufmerksam die Berichtslegungen (Voluntary National Reviews/VNR) von 47 Staaten, darunter z. B. Großbritannien, das in seinem 235-seitigen Bericht seine transparente und umfassende Datenplattform und die Dekarbonisierung der Wirtschaft hervorstrich, aber auch Schwächen im Bereich Klima und Umwelt einräumte. Beindruckend war Island, das sich uneingeschränkt für die Umsetzung der Agenda 2030 auf nationaler und internationaler Ebene einsetzt. Island plant national bis spätestens 2040 klimaneutral zu sein, und unterstützt international die Bereiche Geschlechtergleichstellung, Landrückgewinnung und Nutzung nachhaltiger natürlicher Meeres- und Energieressourcen. Eine interministerielle Arbeitsgruppe leitet die Arbeit der isländischen Regierung bei der Umsetzung der SDGs. Sie hat den Ist-Zustand Islands für alle 169 Ziele erfasst und 65 vorrangige Ziele festgelegt, die die Behörden bei der Umsetzung der Ziele in den kommenden Jahren leiten werden. Die isländische Regierung bezieht verschiedenste Interessengruppen in die Umsetzung ein, so z.B. den isländischen Jugendrat, um Jugendlichen und Kindern Gehör zu verschaffen. Der Bericht Islands wurde vorab elektronisch zur Verfügung gestellt, um die Stellungnahmen verschiedener Parteien einzuholen. Dieses Feedback wurde bei der Erstellung des Abschlussberichts berücksichtigt. Der Klimawandel sei eine der größten Herausforderungen in Island, sowie verantwortungsbewusster Konsum und Produktion. 

In genau einem Jahr wird auch Österreich vor dem HLPF Rechenschaft ablegen über die nationale Umsetzung der Agenda 2030. SDG Watch Austria wird die Erstellung des nationalen Voluntary National Reviews (VNR) begleiten und genau beobachten. 

Neben den VNRs gab es eine noch größere Anzahl von Side-Events, die meist von mehreren Staaten gemeinsam mit internationalen oder zivilgesellschaftlichen Organisationen organisiert werden.

Erwähnenswert sind das OECD Toolkit mit einem Self-Assessment und Checkliste zur Prüfung von Politikkohärenz sowie die Präsentation der Studie von SDG Watch Europe „Who is paying the bill?- (Negative) impacts of EU policies and practices in the world“. Dieser Spotlight Report über Nachhaltigkeit in Europa wurde von zahlreichen europäischen Organisationen gemeinsam verfasst und in New York präsentiert. Die Europäische Union hat einen der weltweit größten ökologischen Fußabdrücke pro Kopf, wobei unser nicht nachhaltiger Lebensstil auf der Ausbeutung von Ressourcen und Arbeitskräften in anderen Teilen der Welt, vor allem dem Globalen Süden, beruht. Die Wirtschaft der Zukunft muss die ökologischen und sozialen Auswirkungen unserer Politiken und Entscheidungen über unsere Grenzen hinaus berücksichtigen, damit die EuropäerInnen nicht in der Illusion leben, dass sie in einem kohlenstoffarmen, ressourceneffizienten Europa leben, während wir in Wirklichkeit nur die ressourcenintensive Produktion in andere Teile der Welt exportieren. Politikkohärenz für nachhaltige Entwicklung erfordert es, dass wir Externalitäten und Spill-over-Effekte der europäischen Politiken, Produktionsprozesse und Verbrauchsmuster vollständig berücksichtigen, um Ziele zu deren Begrenzung festzulegen. Eurostat, das statistische Amt der EU, bezieht jedoch keine externen Faktoren in seine Berichterstattung ein. Dieser Bericht versucht, einige dieser Lücken zu schließen, indem er die massiven externen Auswirkungen und Kosten der EU-Politiken in 13 verschiedenen Bereichen, einschließlich der Gemeinsamen Agrarpolitik, des Handels und der Fischerei, misst. 

Die Agenda für nachhaltige Entwicklung von 2030 ist eine Vision für Menschen, Planeten, Frieden und Wohlstand, die durch Partnerschaft und Solidarität erreicht werden soll.  Es befindet sich nun im vierten Jahr der Umsetzung. In den letzten Jahren wurden Fortschritte in Bezug auf eine Reihe von Zielen der nachhaltigen Entwicklung (SDGs) und deren Ziele erzielt. Regierungen und andere Interessengruppen haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um auf die Agenda von 2030 umfassend zu reagieren. Bei vielen SDGs sind die Fortschritte jedoch nur langsam vorangekommen, und die am stärksten gefährdeten Menschen und Länder leiden weiterhin am meisten. Die globale Antwort muss ehrgeiziger werden. Die Diskussionen des HLPF werden auch zur Vorbereitung der HLPF unter der Schirmherrschaft der Generalversammlung - dem im September 2019 einzuberufenden SDG-Gipfel - beitragen. 

 

High-level Political Forum 2019 under the auspices of ECOSOC

Voluntary National Reviews Database

VNR United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland  

VMR Island 

Bericht SDG Watch Austria

 

Werkzeuge und Berichte: 

Zivilgesellschaftlicher Bericht zur Agenda 2030: Reshaping governance for sustainability

Spotlight Bericht zu Nachhaltigkeit in Europa von SDG Watch Europe: „Who is paying the bill“ enthält Analysen zu den negativen Auswirkungen von EU Policies auf die Ziele der Agenda 2030 und ist ein Aufruf zu mehr Politikkohärenz.

Bericht zu Ungleichheit und SDG 10: „Falling throught the cracks: Exposing inequalities in Europe and beyond“ mit einem Beitrag von ÖKOBÜRO zur Situation in Österreich

OECD Toolkit mit Self-Assessment und Checkliste zur Prüfung von Politikkohärenz

Coherence Cookbook vom Global Network of Civil Society Organisations for Disaster Reduction (GNDR): 19 Zutaten für Politikkohärenz

Lifestyle Test aus Finnland zur Überprüfung der eigenen Lebensweise auf Nachhaltigkeit

Together 2030 Website – Ein zivilgesellschaftlicher Zusammenschluss von Organisationen, welche einen Austausch während des HLPF organisieren.