Infolge des Ukraine-Kriegs droht Nahrungsmittel- und Energiekrise in Afrika

Als eine Folge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine könnten afrikanische Staaten in eine Abwärtsspirale aus Schuldennot, Nahrungsmittelknappheit und Energiearmut stürzen, warnt die stellvertretende Generalsekretärin der Vereinten Nationen, Ahunna Eziakonwa. „Die Unterbrechung der Versorgungsketten in Russland und der Ukraine wird die Preise für importierte Lebensmittel für viele unerschwinglich machen, während die exorbitanten Preise für Düngemittel die Versorgung mit einheimischen Lebensmitteln einschränken werden“, sagte Eziakonwa gegenüber dem Nachrichtenportal EURACTIV.

Nach einer Einschätzung von UN-Beamten dieser Woche werden die weltweiten Zinssätze voraussichtlich steigen, weil der Krieg die Inflation beschleunigt und die Wirtschaftstätigkeit beeinträchtigt. Folglich könnte sich die Schuldenlage afrikanischer Staaten verschlechtern und einen Dominoeffekt von Zahlungsausfällen auslösen, vor allem für jene Ländern, deren Schuldenrückzahlungen bereits in diesem Jahr sowie 2023 fällig werden.

Afrika importierte im Jahr 2020 landwirtschaftliche Erzeugnisse im Wert von 4 Milliarden Dollar aus Russland, davon waren 90 Prozent Weizen. Der global größte Weizenimporteur ist Ägypten, wobei 80 Prozent der Weizeneinfuhren aus Russland und der Ukraine stammen. Angesichts der steigenden Nachfrage stehen die Lieferungen und Preise von Düngemitteln aus den Hauptexportländern Russland und Marokko stark unter Druck. Der Mangel an Düngemitteln, der derzeit in ganz West- und Zentralafrika zu beobachten ist, werde Eziakonwa zufolge zu Produktivitäts- und Ertragseinbußen führen. Sie warnte davor, dass die wahren Auswirkungen der Düngemittelknappheit sich erst später in diesem und im nächsten Jahr bemerkbar machen werden.

„Höhere Weltmarktpreise für Düngemittel werden die landwirtschaftliche Produktivität verringern und die Fähigkeit der afrikanischen Länder, ihre Bürger:innen zu ernähren, untergraben“, sagte Eziakonwa und wies darauf hin, dass Russland eine wichtige Quelle für die zur Herstellung von Düngemitteln verwendeten Rohstoffe ist und dass der Krieg in der Ukraine bereits zu einem Preisanstieg von 21 Prozent geführt hat.

Angesichts weiter steigender Kosten für Düngemittel einerseits und Russland als „eine wichtige Quelle für die zur Herstellung von Düngemitteln verwendeten Rohstoffe“ andererseits befänden sich die afrikanischen Länder „in einer Zwickmühle“.Es wird erwartet, dass die Europäische Kommission ihren Fonds in der Höhe von 225 Millionen Euro für die von Weizen- und Getreideknappheit betroffenen nordafrikanischen Staaten aufstocken wird.

Eziakonwa: Ukraine-Krieg befeuert auch Klimakrise

Darüber hinaus werde nach Einschätzung Eziakonwas der Krieg in der Ukraine auch die Klimakrise befeuern. Die plötzliche Nachfrage der Europäischen Union nach afrikanischem Öl und Gas habe zu einem Umdenken geführt. Vor Beginn der Ukrainekrise hatte die Europäische Kommission afrikanische Staaten ermutigt, auf fossile Brennstoffe langfristig zu verzichten und ausschließlich in erneuerbare und grüne Energie zu investieren.

Für Eziakonwa sei es inakzeptabel, dass 600 Millionen Menschen in Afrika keinen Zugang zu Elektrizität haben. Die Antwort liege in einer gerechten Energiewende, die den Zugang zu sauberer Energie für alle Menschen ermögliche. „Letztendlich wird die Steigerung der Produktion von fossiler Energie die Klimakrise weiter verschärfen, und die Ärmsten und Schwächsten, von denen viele in Afrika leben, werden davon am stärksten betroffen sein“, warnte Eziakonwa.
 

EURACTIV: Ukraine-Krieg droht afrikanische Nahrungsmittel- und Energiekrise auszulösen