Klimakonferenz in Ägypten: Gastgeber fordert Unterstützung für ärmere Länder

 Mohamed Nasr, der ägyptische Unterhändler für Klimafragen, kritisierte im Vorfeld der COP27-Klimakonferenz in Ägypten, dass seitens der wohlhabenden Nationen beim Klimaschutz oft „zurückgerudert“ werde. Diese seien „der Herausforderung nicht gewachsen“, mit der Entwicklungsländer konfrontiert sind.

Die Äußerungen unterstreichen die offensichtlich wachsende Kluft zwischen den Industrienationen und den Entwicklungsländern vor dem Klimagipfel in Sharm el-Sheikh. Entwicklungsländer würden greifbare politische Zusagen benötigen, welche in Taten umgesetzt werden. Es geht nicht um „eine weitere Diskussionsrunde, die nicht zeitgebunden ist“, sagte Nasr letzte Woche vor Journalist:innen.

„Wir hören schöne Versprechen, die für Schlagzeilen sorgen, aber wenn es um die Umsetzung dieser Versprechen geht, sieht die Sache anders aus. Wir haben Runden und Runden und Runden von Planungen und Planungen hinter uns … aber wenn es um die Umsetzung geht, setzt der Realitätscheck in der Regel nicht ein“, bemängelte Nasr und warnte vor „möglichen Rückschritten“. Dabei bezog sich Nasr auf eine seitens der reichen Nationen bereits im Jahr 2009 gemachten Zusage, die Entwicklungsländer, die am meisten unter den Folgen des Klimawandels leiden, mit 100 Milliarden Dollar pro Jahr zu unterstützen. Allerdings wurde das Ziel bislang nicht erreicht, wobei der Höchststand von 83 Milliarden Dollar im Jahr 2020 erreicht wurde.

Eine weitere, auf der COP26 in Glasgow im vergangenen Jahr eingegange Verpflichtung bestand darin, 356 Millionen Dollar für einen Anpassungsfonds aufzubringen, der vor mehr als zwanzig Jahren im Rahmen des Kyoto-Protokolls eingerichtet wurde. Ein Jahr nach dem Gipfel in Glasgow wartet das Sekretariat des Anpassungsfonds immer noch auf 230 Millionen Dollar der 356 Millionen Dollar, welche in Glasgow zugesagt worden waren.

Die COP27 findet vor einem angespannten geopolitischen Hintergrund statt. Angesichts des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine sind die Energiepreise bereits in schier astronomische Höhen gestiegen. Darüber hinaus haben Naturkatastrophen wie die jüngsten Überschwemmungen in Pakistan und Nigeria sowie die Brände und die Dürre in Europa in diesem Sommer erneut die Dringlichkeit aufgezeigt, die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. „Der Klimawandel lässt uns keinen Raum zum Atmen. Die Wissenschaft sagt uns, dass wir in keiner Weise auf dem richtigen Weg sind“, warnte Nasr.

Nasr: „Riesige Finanzierungslücke“

„Die Finanzierungslücke ist riesig. Die Umsetzung vor Ort ist mangelhaft, sie hinkt wirklich hinterher“, so Nasr. Die Lücke sei im Hinblick auf die Finanzierung der Anpassung sogar noch größer. Nasr zufolge fließen 80 Prozent der Klimafinanzierung in die Eindämmung des Klimawandels, nämlich in Technologien zur Verringerung der Treibhausgasemissionen. Damit bleiben die Entwicklungsländer auf den „Verlusten und Schäden“ sitzen, die durch Stürme und Überschwemmungen verursacht werden, welche mit dem Klimawandel an Intensität zunehmen.

Der im April veröffentlichte IPCC-Bericht hat gezeigt, dass ohne sofortige und tiefgreifende Reduzierungen der Emissionen in sämtlichen Sektoren eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C nicht erreichbar ist. In einem aktuellen Bericht der Vereinten Nationen über die Emissionslücke wird hervorgehoben, dass die Welt bei den derzeitigen Klimazusagen „auf dem besten Weg“ sei, bis zum Ende dieses Jahrhunderts eine Erwärmung von 2,4 bis 2,6 °C zu erreichen.

 

Euractiv: Klimakonferenz in Ägypten: Gastgeber warnt reiche Länder vor „Rückschritten“

OECD: Das Ziel wurde bisher nie erreicht

IPCC-Bericht

UNEP: Bericht der Vereinten Nationen über die Emissionslücke

Anpassungsfonds