Klimakonferenz in Ägypten: NGOs ziehen ernüchternde Bilanz

Rund 200 Länder haben sich nach zwei Wochen Verhandlungen bei der 27. Klimakonferenz im ägyptischen Scharm El-Scheich vergangenen Sonntag auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Dabei wurde eine Einigung im Hinblick auf einen Fonds erzielt, über den armen Staaten bei klimabedingten Schäden Ausgleichszahlungen erhalten sollen. Neben dem Fonds für arme Staaten beschlossen die Delegierten ein Arbeitsprogramm zur rascheren Minderung der Treibhausgase, allerdings blieb dieses hinter den Erwartungen europäischer Länder zurück. Ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus fossilen Energien scheiterte am Widerstand mehrerer Länder wie Saudi-Arabien.

Nach Einschätzung der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch bleibt „im rauen Fahrwasser der aktuellen Weltlage“ der „Kahn Klimaschutz“ gerade noch auf Kurs. „Manche auf dem Weltklimagipfel wollten angesichts geopolitischer Spannungen das Pariser Klimaabkommen versenken. Durch den gemeinsamen Einsatz progressiver Länder und der Zivilgesellschaft konnte das im Wesentlichen abgewendet werden“, sagt Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch. „Das 1,5 Grad-Limit bleibt das elementare Ziel im globalen Klimaschutz – und es ist noch immer erreichbar.“

Germanwatch: Abschlusstext abgeschwächt

Die ägyptische COP-Präsidentschaft sei laut Germanwatch ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden. Sie sei intransparent aufgetreten, habe die Zivilgesellschaft eingeschränkt und keine Balance gefunden. Obwohl die überwältigende Mehrheit der Staaten das Herunterfahren sämtlicher fossiler Energien gefordert hatte, sei dies nicht in den Abschlusstext aufgenommen worden. Abschwächungen des Textes, die nur wenige Länder um Saudi-Arabien herum forderten, sei hingegen den Staaten in „Friss-oder-Stirb“-Manier vorgelegt worden. „Die ägyptische Präsidentschaft hat nicht im besten Interesse der Ärmsten und Verletzlichsten der Klimakrise sowie der Bevölkerung Afrikas gehandelt. Stattdessen hat sie die Interessen Saudi-Arabiens und anderer Golfstaaten sowie Chinas begünstigt“, kritisiert Bals.

Auch die Umweltschutzorganisation Greenpeace zieht eine ernüchternde Bilanz aus der Klimakonferenz in Sharm El-Sheikh: Mit dem aktuellen Ergebnis sei der „Weg Richtung Klimahölle vorprogrammiert, denn ein Ende von Öl und Gas ist nicht in Sicht“. Damit rücke jedoch auch das 1,5-Grad-Ziel in weite Ferne. Dennoch sei ein Erfolg zu verzeichnen: „Es konnte ein Finanztopf für klimabedingte Schäden und Verluste etabliert werden. Das ist jedoch nur der erste Schritt. Nun müssen die Verursacher der Klimakrise zu ihrer Verantwortung stehen und den neuen Hilfstopf ordentlich befüllen.“

Zudem zeigt sich der World Wide Fund for Nature (WWF) Österreich enttäuscht vom COP27-Ergebnis „Diese Klimakonferenz wird in die Geschichte eingehen – und zwar als jener Moment, in dem die Welt das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels aufgegeben hat. Die auf der Klimakonferenz beschlossenen Emissions-Minderungen reichen nicht aus, um den globalen CO2-Ausstoß bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren. Auch die vorliegenden nationalen Klimapläne sind zu wenig ambitioniert. So schlafwandeln wir weiter in die Klimakrise”, betont WWF-Klimasprecher Thomas Zehetner. Einziger Lichtblick ist der Fonds zur Finanzierung von Verlusten und Schäden, bei dem jedoch wesentliche Details offen blieben, so Zehetner.

Die UN-Klimakonferenz 2022, kurz COP 27 (United Nations Framework Convention on Climate Change, 27th Conference of the Parties, „Vertragsstaatenkonferenz“) in Ägypten war ursprünglich als UN-Klimakonferenz 2021 geplant und aufgrund der weltweiten COVID-19-Pandemie auf den 6. bis 18. November 2022 vertagt worden. Sie stand unter dem Motto „Together for just, ambitious implementation NOW“ („Gemeinsam für eine gerechte, ambitionierte Umsetzung JETZT“).

 

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