Klimaschutz im EU-Umweltrat: Einigung ja, Fortschritt nein

Grundlage für die Verhandlungen am Dienstag waren die Legislativvorschläge, welche die EU-Kommission bereits im Juli 2021 im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets vorgelegt hatte. Beim ETS, dem zentralen Instrument zur Eindämmung der Treibhausgasemissionen innerhalb der EU, hat der Rat das von der Kommission vorgeschlagene Ziel von 61 Prozent weniger Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 2005 bestätigt. Der Umweltrat plant, den Seeverkehr ab 2024 in den Emissionshandel einzubeziehen. Für den Luftfahrtbereich soll die Zuteilung kostenloser Zertifikate stufenweise auslaufen. 

In seiner gemeinsamen Position einigt sich der Umweltrat darauf, ein eigenständiges Emissionshandelssystem (ETS II) für die Sektoren Gebäude und den Straßenverkehr zu schaffen. Dieses soll ab 2027 europaweit eingeführt werden. Die darin erfassten Emissionen sollen bis 2030 um 43 Prozent im Vergleich zu 2005 reduziert werden. Kostenlose Emissionsrechte sind in der Position des Rats nicht vorgesehen.

Die EU-Lastenteilungsverordnung (Effort Sharing Regulation, ESR) gibt den einzelnen EU-Mitgliedstaaten verbindliche Minderungsziele für klimaschädliche Treibhausgase für die Sektoren vor, die nicht über den EU-Emissionshandel reguliert werde. Hier sieht der Standpunkt des Rats eine Abschwächung des Zielpfads gegenüber dem Kommissionsentwurf vor. Der Rat schlägt vor, die im Rahmen der ESR anfallenden Treibhausgase um 40 Prozent gegenüber 2005 zu mindern.

Weniger finanzielle Unterstützung für arme Haushalte

Der Umweltrat einigte sich darauf, einen Klima-Sozialfonds einzurichten, wie es die Kommission vorgeschlagen hatte. Dieser soll ärmeren Haushalten und kleineren Unternehmen zu Gute kommen und damit die sozialen Ungleichheiten abfedern, die sich durch die zusätzlichen Kosten für Klimaschutz und Emissionsreduktion ergeben. Im Vergleich zum Kommissionsvorschlag will der Rat allerdings ein deutlich niedrigeres Budget für den Klima-Sozialfonds bereitstellen. Anstatt von der Kommission vorgeschlagenen 72,2 Milliarden Euro im Zeitraum 2025-2032, sieht der Rat nur etwa 59 Milliarden Euro vor. Außerdem sollen Mitgliedstaaten ihn auch für bereits bestehende Maßnahmen verwenden können, wodurch weniger Geld für dringend notwendige neue Initiativen verfügbar sein wird. 

Bei den Verhandlungen, die am Dienstag bis spät in die Nacht hinein dauerten, wurde in Deutschland insbesondere die Positionierung der deutschen Bundesregierung kritisch beobachtet. Die Erwartungen an Bundesumweltministerin Steffi Lemke und Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (beide Bündnis 90/ Die Grünen) waren hoch, hatten diese doch häufig ihre Vorreiterrolle im Klima- und Umweltschutz betont. Diesem Anspruch wurden die Ampel-Koalition allerdings nicht gerecht, so die Einschätzung der deutschen Umweltverbände.

Auf internationaler Ebene ist das Urteil der Umweltverbände über die Verhandlungsergebnisse eindeutig. Anstatt die Bemühungen zu erhöhen, das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, und die ohnehin schon zu schwachen Vorschläge der Kommission zu stärken, seien diese durch die Ratsverhandlungen nochmal verwässert worden, so Alex Mason vom WWF European Policy Office. Er spricht von einem „dunklen Tag für das Klima unddie Menschen“. 

Die Ergebnisse der Energie- und Umwelträte werden im nächsten Schritt im Trilog mit dem Europäischen Parlament und der Europäischen Kommission weiterverhandelt. Weitere im Umweltrat behandelte Themen: Anti-Entwaldung, LULUCF und Verbrenner-Aus. [lm, lw, Quelle: DNR]


Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in DE: Gemeinsame Pressemitteilung

Rat der EU: Pressemitteilung

Can Europe: Still wanted: A European climate champion! - CAN Europe