Kommission plant „Umwelt-Omnibus“ bis Jahresende
Die Europäische Kommission arbeitet an einem neuen sogenannten „Umwelt-Omnibus“, einem Gesetzespaket zur ‚Vereinfachung‘ - gemeint ist aber wohl Deregulierung - und Reduzierung bürokratischer Hürden im Umwelt-Aquise der EU. Ziel ist es, insbesondere Regelungen zu Abfall, Produkten und Industrieemissionen zu entlasten. Der Vorschlag ist Teil einer breiteren Strategie zur Stärkung des EU-Binnenmarkts und soll unter anderem nationale Vorgaben zur erweiterten Herstellerverantwortung (EPR), Verpackungsvorschriften und Berichtspflichten vereinfachen. Dabei sollen z. B. Berichtspflichten auf eine jährliche Frequenz begrenzt und überflüssige Anforderungen gestrichen werden.
Die Kommission wolle damit auf unkoordinierte nationale Regelungen reagieren, etwa bei End-of-Waste-Kriterien, die derzeit kaum gegenseitig anerkannt werden. Künftige „Omnibus“-Pakete sollen solche Fragmentierungen beseitigen und die Einhaltung von EU-Vorgaben erleichtern. Auch Anpassungen an der Industrieemissionsrichtlinie und weiteren Abfallregelungen stehen zur Diskussion. Ein öffentlicher Konsultationsprozess soll vorab Meinungen und Hinweise einholen. Das Umweltpaket soll im letzten Quartal 2025 veröffentlicht werden. Dies passt auch zur Forderung der französischen Regierung, die Richtlinie über Industrieemissionen zu überarbeiten, die 2024 knapp angenommen wurde, und wiederholte damit frühere Forderungen von Wirtschaftslobbyisten.
Auf die Frage, welche anderen Gesetze der kommende Umwelt-„Omnibus“ betreffen wird, sagte Kommissar Séjourné: „Die Arbeit mit all meinen Kollegen ist im Gange, um alle Bereiche zu identifizieren, in denen wir den Texten, die während der letzten Legislaturperiode verabschiedet wurden, mehr Flexibilität einräumen können, und der fragliche „Omnibus“ folgt dieser Logik.“
Der bevorstehende Umwelt-„Omnibus“ würde etwa zur gleichen Zeit kommen wie separate Pläne für eine umfassendere Überprüfung der EU-Gesetzgebung, die Landwirt:innen betreffen und letzte Woche in einem Fahrplan dargelegt wurden.
Kritik kommt von zivilgesellschaftlichen Organisationen: Sie befürchten, dass unter dem Deckmantel der Vereinfachung demokratische Handlungsspielräume eingeschränkt und Umwelt- sowie Sozialstandards zurückgedrängt werden. Zudem fällt auf, dass der Europäische Green Deal in der neuen Binnenmarktstrategie keine Erwähnung findet – trotz seiner ursprünglich zentralen Rolle für die Transformation in eine nachhaltige Wirtschaft. Die Kommission rechtfertigt dies mit einem Fokus auf „praktische“ und „zielgerichtete“ Maßnahmen zur Beseitigung aktueller Handelshemmnisse.
„Die neue ‚Binnenmarktstrategie‘ wird den demokratischen Spielraum, den die Regierungen zum Schutz der Menschen und der Umwelt benötigen, weiter einschränken, indem sie der Industrie weitreichende Befugnisse zum Veto und zur Rücknahme nationaler und kommunaler Vorschriften einräumt“, sagte Olivier Hoedeman, Kampagnenkoordinator bei Corporate Europe Observatory. „Das ist gefährlich in Zeiten wachsender sozialer Ungleichheit, einer sich beschleunigenden ökologischen Krise und zunehmender Sorgen um die Demokratie.“
Der Europäische Green Deal ist in der Mitteilung der Kommission auffallend abwesend, ohne jegliche Erwähnung der Vorzeigepolitik, obwohl der grüne Übergang in einem Bericht, den der ehemalige italienische Premierminister Enrico Letta letztes Jahr im Auftrag der Kommission zur Vorbereitung der neuesten Strategie erstellt hat, als ein Hauptziel eines neuen Ansatzes für den Binnenmarkt genannt wird.