Landesumweltanwälte: EU-Renaturierungsgesetz
Die neun österreichischen Umweltanwält:innen vertreten nachdrücklich die Position, dass ein starkes EU-Renaturierungsgesetz die Chance schlechthin darstellt, dass sich die von uns Menschen gestörten und zerstörten Ökosysteme erholen können und als künftige Lebensgrundlage unabdingbar sind. Entscheidungsträger:innen sollten sich daher für ein starkes Renaturierungsgesetz einzusetzen, das der Einigung des Rates über den Vorschlag für eine Verordnung über die Wiederherstellung der Natur vom 20. Juni 2023 entspricht. Nur so steht ein starker gesetzlicher Rahmen zur langfristigen Sicherung unserer Lebensgrundlagen auch kommenden Generationen zur Verfügung. Österreich befindet sich in der glücklichen Lage, als kleines Land mit einer Erstreckung vom Rand der pannonischen Tiefebene bis in hochalpine Lagen eine unglaublich hohe Biodiversität zu beherbergen, was auch eine große Verantwortung zu deren Erhaltung mit sich bringt. Zugleich stellen Klima- und Biodiversitätskrise große Herausforderungen dar. Eine Zwischenbilanz der GeoSphere Austria zeigt, dass 2023 mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eines der fünf wärmsten Jahre in Österreichs 256-jähriger Messgeschichte wird. Der September 2023 wurde aufgrund fehlender Kaltlufteinbrüche zum wärmsten der Messgeschichte Österreichs. Mehr als 80 Prozent der FFH-geschützten Arten und Lebensräume sind in keinem günstigen Erhaltungszustand. 90 Prozent der ursprünglich vorhandenen Moorflächen wurden bereits stark beeinträchtigt oder zerstört. Der Flächenverbrauch in Österreich liegt bei über elf Hektar pro Tag. Das bedeutet mehr als 16 Fussballfelder täglich und damit negatives europäisches Spitzenfeld. Nur noch 15 Prozent der Flüsse in Österreich sind in einem sehr guten ökologischen Zustand. Österreich kämpft daher womöglich mehr noch als andere EU-Mitgliedsstaaten mit der Klimakrise und der Biodiversitätskrise. Zu ihrer Lösung wird mit der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Verordnung über die Wiederherstellung der Natur (EU-Renaturierungsgesetz) ein rechtliches Schlüsselinstrument derzeit diskutiert.
Im kommenden Trilog der EU zum Renaturierungsgesetz sollen Abänderungen diskutiert werden, die u.a. die Verpflichtungen zur Wiederherstellung auf ausgewiesene Natura 2000 Gebiete beschränken und landwirtschaftliche Gebiete von den Wiederherstellungszielen überhaupt ausnehmen sollen. Konkret sind dies laut dem ursprünglichen Entwurf der Europäischen Kommission (in deutscher Sprache) die Art. 4: Wiederherstellung von Land-, Küsten- und Süßwasserökosystemen; Art. 9: Wiederherstellung landwirtschaftlicher Ökosysteme. Mit diesen Abänderungen würde aus Sicht der österreichischen Umweltanwält:innen die zentrale Zielsetzung des Gesetzesvorhabens beschädigt, der Flächenschutz marginalisiert und die Wiederherstellung intakter Ökosysteme massiv erschwert.
Österreichs Umwelt- und Naturschutzanwaltschaften sind unabhängige Einrichtungen der Bundesländer. Sie setzen ihre Fachkompetenz zur Lösung von Umweltproblemen ein und stehen damit als kompetente Partner für Politik, Verwaltung, BürgerInnen, Bürgerinitiativen, NGOs und Projektwerber zur Verfügung.